Freiheit schnuppern, Regen auf allen Wegen, ein Lokalaugenschein in Brünn


  1. Tag, 29. Juni

Strecke: Wien – Brünn

Schluss mit Einschränkungen, es ist an der Zeit für Ausschweifungen. Eine Stadtflucht! Endlich wieder einmal die Freiheit riechen, auch wenn die Zeit nur eine Kurzstrecke zulässt. Ein zusammengefaltetes Rad und ein Zugbegleiter statt ein Flugbegleiter. Eineinhalb Stunden später ist eine Grenze überschritten und das Brompton rollt über Brünner Asphalt. Die Reisefreuden kann auch der prompt bei Ankunft einsetzende Dauerregen nur marginal trüben. Eine Stadtflanerie dies- und jenseits der klassischen Sehenswürdigkeiten: Stadtzentren sind in kapitalistischen Zeiten austauschbar – Fleischlaberlketten, Designerhütten, Dufttempel, weltweit das gleiche Bild. Rund um die Špilberk Festung breitet sich das historische Zentrum Mährens aus. Hinter den heiligen Türmchen der Innenstadt drängen sich Schlote und auf den umliegenden Hügeln reihen sich Plattenbausiedlungen. An den Rändern präsentiert sich eine Stadt im Wandel, k. u. k. Zeit Architektur vermischt sich mit realsozialistischer Schlichtheit, dazwischen zwängen sich Neubauten. Abseits der ausgetretenen Pfade finden sich lauschige Stilmixecken welche zum Verweilen einladen.
Ab morgen führt die Greenway-Radroute in Etappen retour nach Wien. Romantische Wege führen durch Dörfer, Felder und Weinberge. Dieser grenzüberschreitende Radweg hat aber auch seine historisch tragische Seite. Auf selbiger Strecke wurden am 31. Mai 1945 die deutschsprachigen Bürger_innen Brünns in Richtung österreichischer Grenze vertrieben, eingegangen in die Geschichtsbücher als Brünner Todesmarsch.