Muezzin, Temperatursturz und eine Kleinstadt namens Gacko


8. Tag: Montag, 24. September

Strecke: Mostar – Gacko – Foča

Zerrissenes Mostar: Wenn der Muezzin ruft, schalten manche Lokale die Musik lauter, andere schalten sie ab. Die Brücke hat sich geleert, der Mond über ihr ist im Zunehmen, wir sitzen ihr gegenüber und die Kalbsleber schmeckt hervorragend!
Weiter geht die Reise in Richtung Foča, wieder einmal über bergiges Gelände. Von gestern auf heute hat es um satte 23 Grad auf frostige 9 Grad abgekühlt. Die Kleinstadt Gacko präsentiert sich so wie ihr Name klingt: Kohletagebau rundherum, ein dazugehöriges Kraftwerk, marode Häuser, ein desolater Busbahnhof, einzig das Kriegerdenkmal und die othodoxe Kirche glänzen. Dazu gibt es orkanartige Windböen sowie Starkregen. Dober dan Tristesse! Wir finden im «Downtown Pub Gacko» Unterschlupf. Montags zur Mittagszeit, das Bierlokal ist bummvoll, alles junge Menschen, die Frauen allesamt aufgedonnert, die Burschen in erster Linie cool. Alles sehr bizarr, kein Ort um Wurzeln zu schlagen …
Nach einer Woche Sommer sind wir abrupt im Spätherbst angekommen, tiefliegende Wolken, Dauerregen. Auf den gewundenen Straßen trotten unbegleitete Kühe und lange unbeleuchtete Tunnel graben sich durch Bergwelten.
Die Liebste hat einen neuen Sport – Bildbeschreibungen während der Fahrt. Das ist wie Fernsehen für sehbeeinträchtigte Menschen: Kuhherde links. Vulkanizer rechts. Österreichisches Kennzeichen entgegenkommend. Traumhaftes Bergmassiv im Rückspiegel. Stinkende Müllhalde voraus. …
Der Campingplatz im Familienbetrieb direkt an der Drina nahe Foča ist sehr romantisch, auch bei Sauwetter! Wir warten auf eine Regenpause um unser Haus aufzustellen und verbringen die Wartezeit in Foča, einer selten hässlichen Stadt mit einer noch hässlicheren Geschichte. Aber als kleines Zeichen, nach Zerstörung und Vertreibung werden Moscheen wieder aufgebaut.
Das Wasser tröpfelt nur noch vom Himmel, aber jetzt …