Liegen gelassen


21. Tag, Donnerstag 30. Juni

Strecke: Marino Pole – Katunci – Gorno Spancevo – Dobrotino – Goce Delcev (Karte)

Streckenlänge: 58 km (davon 42 km/Rad)      Fahrzeit: 3 h 15 min (davon 2 h 41 min/Rad)

Wie auf jeder meiner Reisen bleiben auch auf der Eisernen-Vorhang-Tour Kleidungsstücke von mir zurück. Ein vor dreizehn Jahren gestartetes Projekt hat heuer Aufnahme in die Wiener Boulevardzeitung Augustin gefunden.
„Liegen gelassen“ im Sinne von – „Wherever I lay my hat, that’s my home“. Die Souvenirs bleiben in den Regalen, stattdessen lasse ich an ausgewählten Plätzen ein Stück von mir zurück. So wie heute in Goce Delcev. Die nach dem Revolutionär Georgi (Goce) Deltschew benannte Stadt hieß bis 1951 Nevrokop. In Bulgarien und Mazedonien gilt Deltschew bis heute als Nationalheld. Die Rohbauweise im Fotohintergrund ist nicht immer beabsichtigt, wird aber gleichzeitig als Stilmittel eingesetzt. Das hat was! (Apropos Augustin, die neueste Ausgabe erscheint am 6. Juli)
Der Popski Pass (1.120 Meter) wurde heute auf vier Etappen bezwungen. Radfahrend, mitfahrend (Geländewagen), radfahrend/schiebend und wieder mitfahrend (PKW). Wie auch immer, irgendwann war ich dann oben. Bei der darauffolgenden Abfahrt habe ich die vorgegebenen Geschwindigkeitsbegrenzungen fallweise übertreten. Schön wars. Die Weiterfahrt habe ich verpasst, aber das macht gar nichts, Goce Delcev ist sehr reizvoll.

So schauts aus …


20. Tag, Mittwoch 29. Juni

Strecke: Strumica – Novo Selo (MK) – Petric (BUL) – Marino Pole

Streckenlänge: 71 km      Fahrzeit: 3 h 43 min

Nachfolgend einige aufklärende Worte zum Tagesablauf eines Reisenden:
Zu den Fahrzeiten. Die Fahrzeiten sind Nettozeit, Pinkelpausen, die flüssige Energiezufuhr unterwegs, fotografische Tätigkeiten, Exkursionen, … sind nicht miteingerechnet.
Das Fotografieren gestaltet sich schwieriger als erwartet. Wenn die Räder rollen ist es radlertechnisch oft kontraproduktiv den Fluss zu unterbrechen um den Moment einzufangen. „Should I Stay Or Should I Go“? Das beste Licht? Geht nicht. Zusätzlich bin ich doppelt eingesetzt, mit meiner Panasonic Lumix und dem i-pad. Die Fotos aus dem Blog stammen allesamt aus der Apfel-Kiste.
Das Radeln. Meistens trägt mich mein Brompton. Bei Ausflügen zu Wasserfällen, Ruinen und in die Bettstation wird es von mir getragen. Manchmal darf es auch Auto oder Bus fahren. Wir sind ein tolles Paar. Es wird auch wöchentlich auffrisiert und langsam werde ich im tunen geschickter.
Die Glücksmomente in aufsteigender (Wertigkeit) Reihenfolge: eine geeignete Bettstation, die beste Dusche der Welt, Schlafen wie ein Kleinkind, das erste Erfrischungsgetränk, Essen.
Der Blog, entsteht immer nach der Herbergssuche, immer frisch geduscht bei einem Durstlöscher.
Und vor dem Schlafen kommt das Schönste, Essen! Sonst noch was?
Zum Heute. Es war wieder ein reiner Radtag mit Grenzübertritt. Ausnahmsweise, weil morgen warten wieder die Berge …

Aufbauphase, neue Probleme und bulgarische Gastfreundschaft


17. Tag, Sonntag 26. Juni

Strecke: Dragoman – Gaber – Krusa – Vrbaca – Tran

Streckenlänge: 43 km      Fahrzeit: 2 h 55 min

Ich hab mich wieder aufs Rad getraut. Neues Land, neuer Elan. Eine kleine Etappe sollte es werden, um den maroden Körper nicht gleich zu überfordern. Es wurde eine Tour durch die Berge, durch teils verlassene Dörfer, auf geschundenen Wegen. Landschaftlich ein Traum. Und dann waren sie wieder da, die Straßenhunde. Ich hab mir ein Stöckchen besorgt, nicht um es zu werfen … Bei der ersten Attacke, hab ich es stecken lassen und bin um mein Leben geradelt. Ein riesen Viech, so etwas hat keine Angst vor Stöckchen.
Eine weitere, neue, Problematik ist aufgetaucht, die Beschilderung. Nicht immer vorhanden, nicht immer lesbar, und wenn, meist nur in kyrillischer Schrift.
Trotzdem hat mir eine, für mich nicht lesbare Tafel, den Weg zu einem Naturschauspiel gewiesen. Purer Zufall. Parkende Autos im Nirgendwo. Hier ein Pfad. Da ein Experiment. Mein Rad und ich tauschten kurzfristig die tragenden Rollen. Und aus dem Nichts, ein Wasserfall. Dort durfte ich zum ersten Mal bulgarische Gastfreundschaft genießen. Ein flussgekühltes Bier und einen Grillspieß. Danke!
Trotzdem werden Busse und Mitfahrgelegenheiten in den kommenden Tagen eine willkommene Alternative bleiben.

Zum Schluß noch ein Nachtrag. Der Sager des vergangenen Tages, von einem deutschsprachigen serbischen Roma, am Busbahnhof von Pirot (SRB): „Zigeuner und Juden sprechen alle Sprachen.“