Reisen im Rostimobil, kleine Wege und der Selfie Made King


1.Tag: Freitag, 13. Juni 2025

Strecke: Wien (A) – Břeclav (CZ) – Vyškov – Olmütz

Streckenlänge: 228 km

Die reisearme Zeit ist abgelaufen, Kraftstoff tanken und einmal der Schlüssel gedreht. Diesmal ist wieder das „Rostimobil“ (Vierrad mit Schlafgelegenheit und Korrosionsbefall) im Einsatz. Ziel der Ausfahrt ist die Ostsee samt Umgebung. Die Anfahrt dorthin ist noch unbestimmt und Launen abhängig. Reisedoktrin ist die Vermeidung breiter Verkehrsadern und so führen sanfte Wege durch Käffer, Dörfer, Kleinstädte, durch ruhige Landschaften, über kopfsteingepflasterte Nebenstraßen bis ans Tagesziel nach Olmütz (Olomouc). Die ehemalige mährische Hauptstadt hat außer übel riechenden Sauerkäse (Quargel) noch weitere Auffälligkeiten im Angebot: Östlich des Stadtzentrums drängt die March (Morawa) in Richtung Süden dem großen Schdrom (Donau) entgegen, die Innenstadt wird von einem zarten Bächlein flankiert. Im Herzen der Stadt ragt ein UNESCO-Denkmal, die zur Zeit verhängte Dreifaltigkeits-Säule in den Himmel. Ein Brunnenensemble drängt sich auf den beiden zentralen Plätzen der Stadt. Ein besonderes Schmankerl ist die ursprünglich mittelalterliche Turmuhr, die in der Kommunistischen Ära „realsozialistisch“ umgestaltet wurde: Hier regiert die Arbeiterklasse! Und auch der jüngliche Mozart hat in Olomouc Geschichte und seine 6. Symphonie geschrieben. Neuzeitige Kunst verwundert in der Denisova Straße, König Edward VII thront von der Wand mit einem Selfiestick in der Hand. Ein Werk des portugiesischen Graffitikünstlers Mr.Dheo. Zum König gesellte sich die Nobelpreisträgerin Marie Curie vom tschechischen Künstler Oliver Heller. Gegenüber des ungleichen Paars befindet sich die sich immer verändernde Lomená-Galerie-Passage. Zwischen den beiden Blickfängen fährt die Tramway …

Gespeist wird in einem Vorstadt-Wirtshaus ohne gedruckter Speisekarte. Die Gerichte sind mit Kreide an die Wand gemalt, in Landessprache selbstverständlich … Trotz Verständigungsproblemen wird ausgezeichnete tschechische Hausmannskost serviert. Der Karaoke-Abend am Campinggelände sorgt für Stimmung vor der Bettruhe.

Ein Katzensprung, Radwegweiser und eine nach außen glänzende Schatulle


  1. Tag: Freitag, 22. September 2023

Strecke: Plumlov – Olmütz

Streckenlänge: 34 km

Der Morgen wird vertrödelt, heute wartet nur ein Katzensprung. Rauf auf den EuroVelo 9 und gemächlich auf autofreien Wegen Richtung Olmütz. Erst kurz vor dem Ziel verschwinden wieder einmal die Wegweiser.
Im Normalfall bestens markiert haben auch die (inter)nationalen Routen ihre Tücken. Meistens mit Nummern versehen, oder als Themen-Routen ausgeschildert lassen sie keinen Spielraum für Eigensinn. Wer nicht der vorgeschriebenen Richtung oder irgendeinem Themen-Radweg nachradelt muss immer wieder improvisieren. Einmal aus der Spur, oder ein Wechsel von einer Route auf die andere und es wird zur Zitterpartie. Die Beschriftungstafeln haben noch Luft nach oben, Ortswegweiser mit Kilometerangaben wie beim motorisierten Vierrad und Verbindungsschilder zwischen den Routen wären zu begrüßen!
In Ölmütz sorgt die Morawa (March) auf ihrem Weg in den Schdrom für Heimatgefühle. Die Innenstadt ist auf Hochglanz poliert, alle Spuren der realsozialistischen Vergangenheit sind sorgsam weggewaschen worden. Marktplatz, Pestsäule, ungezählte barocke Brunnen, das Rathaus mit seiner astronomischen Uhr – alles wie aus dem Schachterl. Ein Stadtrundgang relativiert das perfekte Szenarium. Auffallend vielen Menschen fällt es schwer in dieser barocken Schatulle ihren Platz zu finden.
Zur Abrundung noch ein paar Schmankerln aus der Historie: Der erst elfjährige Mozart komponierte hier seine 6. Sinfonie. Gustav Mahler machte in Olomouc den Kapellmeister. Und Feldmarschall Graf Radetzky ließ seinen militärischen Zöglingen den Marsch blasen.
Abschließend noch eine Gaumenfreude: Die Spezialität der Stadt ist der Olmützer Quargel, ein Sauermilchkäse mit strengem Geruch!