Ruhe nach dem Trubel, Hochzeiten am laufenden Band und ein Hoch auf die polnische Küche


4.Tag: Montag, 16. Juni 2025

Strecke: Krakau – Sandomierz

Streckenlänge: 167 km

Die Weichsel (Wisła) bleibt heute ständiger Reisebegleiter, auch wenn die Wege sich unterwegs kurzfristig trennen am Zielhafen wartet sie bereits mit stoischer Gelassenheit. Eine einzige Bundesstraße verbindet das pulsierende Krakau mit dem verschlafenen Sandomierz. Die Kleinstadt liegt auf einer Erhöhung über dem Fluss. Schulklassen durchkämmen den schmucken Altstadtkern und in den unzähligen Kirchen wird fleißig das Ja-Wort zum Bund der Ehe gesprochen. Am späteren Nachmittag ist der Spuk vorbei, die Gassen und Plätze leeren sich. 

Das Stadtzentrum überstand den 2. Weltkrieg weitgehend unbeschadet weil die deutschen Einheiten, gegen den Befehl, Angesichts der ausweglosen Situation, kapitulierten. Der österreichische Dramatiker Franz Grillparzer gedachte der Stadt in seiner Novelle „Das Kloster bei Sendomir“. Den Abend veredelte ein weiteres Mal die wunderbare polnische Küche: Żurek (Sauermehlsuppe mit Ei- und Wursteinlage), Boršč (Rote-Rübe-Suppe mit Teigtascheneinlage), Bigos (Schmortopf mit Schweinefleisch und Sauerkraut), Placki z gulaszem (Kartoffelpuffer mit Gulasch).

Eine Stadt im Ausnahmezustand 


3. Tag: Sonntag, 15. Juni 2025

Strecke: Międzybrodzie Bialskie – Krakau

Streckenlänge: 76 km

Wie auf eine unsichtbare Schnur fädelt sich Dorf an Dorf, vom Stausee bis nach Krakau.

Die ehemalige Hauptstadt liegt pittoresk an der oberen Weichsel (Wisła). Direkt vor dem Wawelhügel mit der ehemaligen Residenz am Rücken biegt sich der Fluss um 90 Grad zu einem abgewinkelten Knie. Auf beiden Seiten des Ufers Rad-/Spazierwege und ganz viel Wiese. Sonnenanbeter_innen und Sportler_innen prägen das Blick. Ein Postkartenbild das Tausendschaften von Besucher_innen anzieht. Ganze Herden durchgrasen jeden Winkel der Innenstadt: Das jüdische Viertel, das Schloss, den Zentralen Hauptplatz mit seinen Tuchhallen, den grünen Gürtel rund um die Altstadt. Auf Pferdekutschen, offenen Elektromobilen, zu Fuß. Charme und Pracht verlieren ihre Reize, die schmucke Stadt verkommt zum Rummelplatz.

Eine Verschnaufpause bietet eine kleine Gaststätte außerhalb der Zirkusmeile. Auch viele Exilpolen bekämpfen hier ihr Heimweh mit traditioneller Küche und lokalen Erfrischungsgetränken … Ihre Geschichten aus der Ferne sind divers, beispielsweise Waldemar aus Florida pflegt seine amerikanische Coolness und verstört mit politischen Weisheiten. Aber das ist eine andere Geschichte …

Ein Tierparadies, die Weichsel und ein desorientierter Mr. Google


  1. Tag: Mittwoch, 27. September 2023

Strecke: Chełm Śląski/Goje – Kamień – Krakau

Streckenlänge: 75 km (609 km)

Mit der Sonne erwacht auch das Paradies der Tiere: Wildenten begrüßen lautstark den Tag, Hähne krähen, eine Kaninchen tanzt über die Wiese, ein Eichhörnchen krall sich eine Nuss, Katzen pirschen sich an und ein Igel kämpft sich durch’s hohe Gras.
Endspurt zur Zieletappe. Ein Stück des Weges zurück zur Weichsel und abgebogen auf den Damm. Immer dem Fluss entlang, das anfänglich schöne Bild verliert sich mit den gefahrenen Kilometern. Wie am Heimtrainer – treten, treten, treten – bei unverändertem Ausblick. Felder, Wiesen, Fluss. Ein neuer Ohrwurm, „Father and Son“ von Cat Stevens, reiht sich ein in die Kopfplayliste. Es geht (musikalisch) aufwärts!
Nach 40 Kilometer die erste Gastwirtschaft, sogar eine mit Freisitz. Eine wunderbare Erdäpfel-Gemüse-Suppe und ein kühles Bier spenden Freude und Energie. Die Endstation ist nah, da verliert Mr. Google komplet seine Orientierung und navigiert Rad samt Fahrer auf unbefahrbares Gelände ins Nirgendwo. Mit großer Mühre, unter Ausstoß schwerer Verwünschungen und derber Kraftausdrücke, wird nach einer Stunde Irrwegen die Fahrt wieder aufgenommen.
Das Krakauer Stadtzentrum muss warten, ein Capingplatz direkt an der Weichsel, leider nur ausgerichtet für große Blech-Mobile, ist der heutige Hafen. Der Zieleinlauf samt Foto folgt morgen!