Der höchste Berg, kein Gipfelglück und zurück ins Tal


6. Tag: Freitag, 5. Juli 2024

Strecke: Sedlo Pass – Žabljak – Premćanski Most – Eko-Oaza-Tara-Camping

Streckenlänge: 61 km (gesamt 1.304 km)

Nach einem alles umspannenden Sternenzelt wagen sich die ersten Sonnenstrahlen über die Gipfel. Der Kaffee ist schon am Kochen, der frühe Vogel fängt den Wurm! Heute wartet Montenegros höchster Berg, der Bobotov Kuk (2.522 m) auf seine Besteigung. Nach einer Klettereinlage gleich zu Beginn eröffnen sich immer wieder neue Fenster mit unglaublichen Bildern: Blumenwiesen, Felsmonster, Gipfelensembles, … Apropos, das Gipfelglück blieb auf Grund von akuten Knieproblemen verwehrt, das Glückserlebnis bleibt!

Von den Bergen zurück ins Tal. Unten angekommen wartet die Tara. Wie auch schon der Dumitor-Nationalpark zieht auch die Tara viele internationale Besucher:innen an. Einige reiten auf ihr in Schlauchbooten, andere rutschen auf dicken, gespannten Seilen über sie drüber.

Abseits von diesem Theater findet sich ein wunderbar unaufgeregter Campingplatz am Fluss.

Nix als Aussicht


5. Tag: Donnerstag, 4. Juli 2024

Strecke: Foča – Hum (BiH) – Šćepan Bolje (MNE) – Plužine – Sedlo Pass – Žabljak – Crno jezero – Sedlo Pass

Streckenlänge: 144 km (gesamt 1.243 km)

Von Foča schlängelt sich eine schlanke Piste hinauf Richtung montenegrinischer Grenze, unten rauscht die Drina in entgegengesetzter Richtung. Direkt am Grenzübergang vereinigen sich ihre Quellen, die Flüsse Tara und Piva. Durch die Piva-Schlucht führt die Panorama-Route 1. Bei so viel Ausblick beeinträchtigt diese teilweise die Fahraufmerksamkeit. Am Pivsko-Stausee kurz vor Plužine zweigt die Zufahrt zum Dumior-Nationalpark scharf ab nach links. Unzählige Kehren und unbeleuchtete Tunnel führen in luftige Höhen. Oben angekommen türmen sich die Gipfel, nix als Ausblick auf 360 Grad. Der Sedlo-Pass liegt auf schwindligen 1.907 Metern über dem Meer. Für die geplante Wanderung ist der Tag schon zu weit fortgeschritten, was einen Abstecher zum Crno jezero gestattet.

Gekocht und geschlafen wird dennoch in den Bergen. Knapp unterm Pass führt eine Schotterpiste zum herbeigesehnten Liegeplatz. Die Instant-Nudeln kochen, die Erfrischungsgetränke-Dosen zischen und rundherum – Schon wieder! – nix als Ausblick!

Osmanische Brücken, aufreibende Nebenrouten und Zauberflüsse


4. Tag: Mittwoch, 3. Juli 2024

Strecke: Blidinje jezero – Jablanica – Konjic – Kalinovik – Foča

Streckenlänge: 226 km (gesamt 1.099 km)

Der blaue Himmel ist zurückgekommen, der Sturm ist geblieben. Auch unser entfernter Nachbar hat sich inzwischen aus dem Staub gemacht …

Dem Blidinje-See folgt der Jablanica-See, ein Stausee der Neretva, ein weiterer bosnischer Zauberfluss. Nicht nur Mostar auch Konjic kann mit einer Brücke aus osmanischen Zeiten über die Neretva beeindrucken.

Ab Konjic wird auf eine Neben-Nebenstrecke gewechselt, des Naturerlebnisses wegen. Die „Regionalstaße 436“ erweist sich vorläufig als beste Route, das Navi wehrt sich heftig. Die anfänglichen Freuden enden unangekündigt abrupt, aus schlechtem Asphalt wird eine nervenaufreibende Steinschlag-Piste. In quasi Schrittgeschwindigkeit werden die folgenden 25 Kilometer überwunden …!

Auch innerhalb Bosniens werden immer wieder die Grenzen zwischen der Föderation Bosnien und Herzegowina und der Republika Srpska gewechselt. Wo man sich gerade befindet,  davon zeugen die jeweiligen Flaggen, Gotteshäuser oder Schirme der vorherrschenden Biermarke.

Bei Foča mischt sich ein neuer Zauberfluss ins Geschehen, die Drina. An ihrem Ufer wird für heute der Motor abgestellt.

Abkühlung, Bergkulissen und ein Häuschen am See


3. Tag: Dienstag, 2. Juli 2024

Strecke: Kulen Vakuf –  Drvar — Livno — Tomislavgrad – Blidinje jezero

Streckenlänge: 222 km (gesamt 873 km)

Das nächtliche Gewitter hat die Temperaturen ordentlich heruntergekühlt.

Eine von Fahrzeugen befreite Nebenroute führt durch bosnische Bergwelten. Zwischendurch erinnern immer wieder Ruinen an den kriegerischen Zerfall Jugoslawiens vor 30 Jahren. In Livno werden die dicksten mitgeführten Jacken ausgepackt, inzwischen zeigt das Thermometer herbstliche 15 Grad.

Hinweistafeln warnen vor Wildpferden. Leider sind die Biester sehr scheu und entziehen sich unseren Blicken. Der Blidinjsko jezero ist die heutige Endstation, der See ist Teil des Blidinje-Naturparks und mit seinen 1.173 Höhenmetern der größte Bergsee Bosniens. Es weht ein stürmischer Wind über das Hochplateau. Der urige Campingplatz ist sehr rudimentär ausgestattet: ein Mobil-Klo, eine ebensolche Dusche, eine Blechhütte mit Küche und einem gut befüllten Kühlschrank. Bezahlt wird selbstständig in eine Box. Der Andrang hält sich in Grenzen, nur zwei Vehikel allein in unberührter Natur!

Die bosnischen Bergen sind (zum Glück) WLAN-frei, was gleichbedeutend ist mit: keine Infos zum Österreich-Türkei-Match ;-)! Die Nachrichten vom Spielstand kommen per SMS,  leider schlechte, trotzdem Dank an Philipp!

Zauberhafte Una


2. Tag: Montag, 1. Juli 2024

Strecke: Šimunčevec – Zagreb – Petrinja – Hrvatska Kostajnica (HR) – Kostajnica (BiH) – Novi Grad – Bosanska Krupa – Bihać – Kulen Vakuf

Streckenlänge: 252 km (gesamt 651 km)

Die ersten Kilometer lassen keinen Platz für Romantik. Rund um Zagreb staut sich das Blech, etwas später trennt sich die Spreu vom Weizen. Die Mehrheit biegt ab Richtung kroatischer Küste, vereinzelte Vehikel rollen nach Süden, Richtung bosnischer Grenze. Ab Petrinja ist die Welt wieder in Ordnung, eine ruhige Landstraße schlängelt sich durch hügelige Landschaft und kleine Dörfer. Auffallend, Kroatien hat eine Vorliebe für die unverputzte  Rohziegelbauvariante.

Die Una drängt sich ins Geschehen. Sie entspringt im südlichen Kroatien, markiert über weite Strecken die Grenze Bosniens zu Kroatien und mündet im Norden bei Jasenovac in die Save. Ein Traum von einem Fluss, mal ruhig plätschernd, mal heftig rauschend, mit unzähligen Katarakten in allen Ausformungen, Stromschnellen, Inseln, Verästelungen, … 

Südlich von Bihać gehört ihr ein ganzer Nationalpark, wo sich auch die fahrende Bettenstation einparkt.

Ein neuer Reisebegleiter, eine Operettenstadt und kroatische Gastlichkeit


1.Tag: Sonntag, 30. Juni 2024

Strecke: Wien – Mattersburg (A) – Szombathely (HU) – Lendava (SLO) – Mursko Središće (HR) – Varaždin – Koprivnica – Šimunčevec

Streckenlänge: 399 km

Start zum dritten Anlauf in die albanischen Alpenwelten. Die ersten beiden Versuche scheiterten an den Zufahrtswegen, diese sollten sich gebessert haben …

Als Reisebegleiter neu im Team ist „Rosti“, ein in die Jahre gekommener Dacia Logan mit, wie der Spitzname verrät, zunehmenden Korrosionsbefall. Geschlafen wird im von den Rücksitzen befreiten Kofferraum.

Der erste Anreisetag rollt wie auf Schienen, auf verkehrsarmen Straßen werden zügig Grenzen überschritten. Das erste Erfrischungsgetränk labt im kroatischen Mursko Središće die erhitzten Körper. Die einstige Kohle- und heutige Grenzstadt zu Slowenien liegt direkt an der Mura/Mur.

Das erste Etappenziel wird von einem Operetten-Schlager begleitet: „Komm mit nach Varasdin!“ Ein wahrer Gassenhauer aus der Operette Gräfin Mariza von Emmerich Kálmán an dem sich auch schon Peter Alexander ausprobiert hat. Wahrzeichen der schmucken Barockstadt ist die ehemalige Burg, das heutige Schloss mit seinen roten Dachhauben. Der heiße sonntägliche Nachmittag hat die Altstadt leergefegt, nur vereinzelt, an Schattenplätzen und in Schanigärten bewegt sich etwas …

Die angepeilte Schlafstation auf einem Weinberg nahe Koprivnica ist nicht mehr existent. Kroatische Gastlichkeit vereitelt alle Enttäuschung. Bei Grillfleisch und lokalem Wein inmitten einer ständig anwachsenden Freundesrunde werden neue Pläne ertrunken …

Schlussendlich öffnet sich der  Kofferraum in Šimunčevec, einer winzigen Ansiedlung in den Hügeln nahe Zagreb.

Vom Belgradplatz nach Belgrad, das Ziel-Foto und eine Zusammenfassung


15. Tag: Freitag, 22. Dezember 2023

Strecke: Wien

Die wahre Herausforderung der Reise war die zehnstündige Bupsfahrt im vollgestopften verflixten Doppeldecker. Und der unwürdige Grenzübertritt von Serbien nach Ungarn dank despotischer, ungarischer „Grenzsoldaten“. Der „Eiserne Vorhang“ lebt!

Zusammenfassung:

Reisetage:

Länder: Österreich, Slowakei, Ungarn, Kroatien, Serbien

Kilometer: 1100 Wien, Belgradplatz – Belgrad 837 Kilometer

Vielen Dank für’s Lesen, Mitreisen, Anfeuern und Mitfiebern!

Alles Liebe

Mario

Rauer Charme, Hipster Kneipen und berechnende Tradition


14. Tag: Donnerstag, 21. Dezember 2023

Strecke: Belgrad

Der Morgen auf dem Kalemegdan-Hügel ist wie immer ein Hochgenuss. Die Sonne ist nach der gestrigen Verstimmung auf wieder am Start. Unter der Pobednik (Der Sieger) Säule vereinigen sich Save und Donau, dahinter breitet sich das eher schroffe Novi Belgrad aus.

Belgrad mag beim ersten Kontakt etwas grobschlächtig wirken, der weiche Kern will erarbeitet werden. Die Stadt befindet sich gerade im Umbruch: zahlreiche Baustellen, Stadtviertel verschwinden, neue entstehen. So entsteht, wo sich einmal das schmuddelige, dafür umso lebendigere Viertel Savamala stand, eine von Investoren ausgedachte „Belgrade Waterfront“. Auch der ehrwürdige Hauptbahnhof musste diesem Projekt weichen.

Auch im Zentrum führen die teils schäbigen Fassaden in die Irre, die Dichte an Hipster-Bars/Cafes ist auffällig. Der rauhe Charme der ersten Eindrücke täuscht, Belgrad verordnet sich zeitgeistigen Chic. Im Gegenzug bieten Souvenirläden T-Shits von Attentätern und Kriegsverbrechern zum Kauf an.

Nur in der Skadarlija wird noch, dem Tourismus wegen, die Tradition gepflegt. Viel gegrilltes Fleisch, abends mit Musikbegleitung von Tisch zu Tisch.

Auch beim Belgrader Busbahnhof ist alles beim Alten, große Brummer, ein ständiges Kommen und Abfahren. Um 21 Uhr ist es soweit, ein Doppeldecker, bringt Rad und Fahrer hoffentlich gut nach Hause.

Ein Teufelsritt, eine Zieleinfahrt und ein Ewiges Derby


13. Tag: Mittwoch, 20. Dezember 2023

Strecke: Stari Banovci – Zemun – Belgrad

Streckenlänge: 36 km (837 km)

Die erhoffte, ruhmreiche Spazierfahrt nach Belgrad fällt vorerst aus. Zuerst wird aus Eigenverschulden die Route verändert und endet im schlammigen Nirgends. Später sind es die immer wieder fehlenden Radwegweiser, bleiben nur die stark befahrenen Einfahrtsstraßen. Als Krönung erneut grenzwertige Zwischenfälle mit verhaltensauffälligen Hunden. Ein Teufesritt. Am Rande von Zemun ist von der ruhmreichen Zieleinfahrt wenig über, erst ab Zemun-Zentrum glätten sich die Wellen und ein Radweg neben der Donau führt gelassen nach Novi Belgrad zum Zusammenfluss von Save und Donau. Die Haus-/Vergnügungs-Boote am Fluss sind  allesamt eingewintert, im Wasser dazwischen schwimmen Tonnen von Müll. Am Save-Ufer gegenüber der Kalemegdan-Festung wird auf das Ziel angestoßen. Belgrad zeigt sich von seiner ruhigsten Seite, vereinzelte Flaneure genießen die Stille in der Großstadt. Rad und Fahrer posieren für das Zielfoto.

Mit der Überquerung der Brankov Most ist es vorbei mit der Ruhe. Belgrad pulsiert.

Der heutige Tag ist kein Tag wie jeder andere, heute steigt das Belgrader Derby zwischen Partizan und Roter Stern. Das „Ewige Derby“ gilt als hitzigstes Stadt-Derby Südosteuropas.

Vor dem Stadion herrscht gespannte Ruhe, keine Gegänge, keine Pöbeleien, kleine Grüppchen, eine Übermacht an Polizei. Die Ordnungshütern in voller Montur, mit Schildern, zu Pferd und zu Fuß. Im nicht überdachten Stadion von Partizan ist noch genügend Platz, nur im Gästesektor von Roter Stern wird es eng. Zum Spielanpfiff glänzen die Roten Sterne mit einer gut vorbereiteten Choreografie, die Partisanen belassen es bei schlichten Gesängen. In der ersten Spielhälfte ist von „hitzig“ noch keine Spur, es ist bitter kalt im Oval. Ein gegebener Elfmeter und das darauffolgende Tor für Partizan bringt einen kleinen Energieschub, der zur Pause wieder verpufft. Nach dem Wiederanpfiff sorgt der Roter-Stern-Sektor für Unterhaltung mit einer Feuer-Show. Da Stadion verschwindet im Pyro-Nebel. Spielunterbrechung. Die gegenseitigen Schmähungen in den Gesängen zielen bei unverständigen Ohren ins Leere und so ist nur an den Gesten zu erkennen, dass es sich nicht um Freundlichkeiten handelt. Auch am Spielfeld wird gestänkert, es fallen noch zwei Tore und Partizan gewinnt mit 2:1.

Eine nette Unterhaltung zum Tourabschluss und nach einer Stunde Heimweg ist auch der tiefgefrorene Körper wieder nahezu aufgetaut.

Schweißtreibende Gebirge, lästige Hunde und köstliche Sarma



12. Tag: Dienstag, 19. Dezember 2023

Strecke: Novi Sad – Sremski Karlovci – Stari Slankamen – Stari Banovci

Streckenlänge: 74 km (801 km)

Die vorletzte Etappe beginnt schweißtreibend, die Ausläufer der Fruška Gora, kleines Mittelgebirge in der Vojvodina, schrauben die Bundesstraße steil nach oben. Immer noch eine Kehre und die nächste. Am Zenit wird die Hauptroute durch eine Nebenroute ersetzt. Diesmal ist es nicht der Verkehr der nervt, diesmal sind es lästige Hunde, die das Zweirad hetzen. Drei Verfolgungsjagden, drei Mal abgehängt, aber stressfrei geht anders.
Wieder unten am Fluss wird einer weiteren Herzstation ein Besuch abgestattet. Stari Slankamen ist ein verschlafenes Nest am Wasser. Eine steile Straße mit vielen Windungen führt runter zur Donau. Es gibt zwei Wirtshäuser und am gegenüberliegenden Ufer mündet die Theiß. Keine weiteren Aufregungen, in der Gaststätte sitzen, den Blick auf den Schdrom genießen und die Gedanken plätschern lassen. Nur für zu viel Plätschern ist zu wenig Zeit vorhanden. 
Wieder zurück auf die Route die an das Marchfeld erinnert, endlose Geraden und Ackerland nach allen Richtungen.
Abseits der Reise hat Serbien am Sonntag ein neues Parlament gewählt. Die SNS, die Partei des Präsidenten Aleksandar Vucic hat erneut die Wal für sich entschieden, das Oppositionsbündnis wittert Wahlbetrug und demonstriert.
Das gemachte Bett steht diesmal in Stari Banovci, einer Vorstadtsiedlung mit Wasserzugang. Reizvoll wäre schwer übertrieben, dafür springen die „Sarma“-Krautrouladen ein und retten den Abend.