9. Tag: Samstag, 27. September 2025
Strecke: Sambir – Lwiw
Streckenlänge: 76 km (gesamt 856 km)
Die letzten Kilometer der Vortages würden sich heute auf unverschämte 76 Kilometer ausweiten: Eine elendslange Gerade mit massig Verkehr. Da wird nicht lange gefackelt und lieber ein Marschrutka genommen. Das Sammeltaxi führt bis an den Stadtrand, dann ist Endstation. Auf Geh- und vereinzelten Radwegen, nur im Ausnahmefall wird die Straße frequentiert, wird sich dem Stadtzentrum angenähert.
Am Rynok Square, dem alten Marktplatz von Lemberg, in der historischen Altstadt ist das Ziel erreicht: Kilometerstand 856. Jetzt erstmal ein Erfrischungsgetränk. Die Innenstadt brodelt, schicke Menschen flanieren kreuz und quer, die Lokale sind voll, die Teller üppig gefüllt. Der erste Eindruck vermittelt nichts von einer Stadt im Krieg. Der zweite Eindruck holt einen schnell zurück in die Realität: Vor dem Rathaus fährt eine Wagenkolonne vor, es folgt eine Lautsprecherdurchsage. Binnen Sekunden kehrt Stille ein, das Gewusel kommt zum Stillstand, die Menschen erheben sich von ihren Sitzen, viele knien sich nieder. Einsam am vollen Platz ertönt eine traurige Trompete. Wieder ist die Stadt um ein Leben ärmer.
Das George Hotel verwöhnt mit einem exklusiven Zimmer mit Raucherbalkon. Das Ankommen muss erst einmal verdaut werden …
Mit der Tatsache, dass alle direkten Bahnverbindungen nicht mehr verfügbar sind kommt die nächste Hürde. Letzter Ausweg ein verflixter Bus.
Inzwischen ist der Trubel wieder voll im Gange. Vor dem Denkmal des ukrainischen Nationaldichters Taras Schewtschenko, spielt ein junger Mann auf seiner Gitarre. Der Reaktionen des Publikums nach zu urteilen, ein ukrainisches Hit-Potpourri. Es wird mitgesungen, ausgelassen getanzt und gejubelt. Das Leben wird gefeiert!
Die Nachtstunden sprechen wiederum eine andere Sprache. Irgendwann beginnen die Sirenen zu heulen und einen Lautsprecherstimme formuliert einen sprachbedingt unverständlichen Text …