Eine Bahnfahrt, ein Höllenritt und rundherum die Tatra


4. Tag: Montag, 22. September 2025

Strecke: Trenčín – Žilina – Martin – Sučany – Liptovský Mikuláš

Streckenlänge: 184 km (gesamt 386 km)

Die letzten Kilometer des Vortages bestärken den Entschluss bis Žilina auf die Gleise umzusteigen. Zusätzlich müssen auf Grund der Schlechtwettervorhersage Kilometer gemacht werden. Vom Zugfenster aus gewinnt die Landschaft wieder ihre Reize. Die Waag begleitet die Fahrt und die Bergwelt rückt näher.

Žilina, eine Industriestadt in der Nordwest-Slowakei ist von etlichen Gebirgsketten umschlossen, alle gehören zu den Westkarpaten. Auch hier fließt die Waag und vom Bahnhof sind es nur wenige Radumdrehungen bis zum Stadtzentrum. Etwas nördlicher geben sich Tschechien und Polen die Hand. Von hier aus wird wieder aufgesattelt. Ab der Stadtausfahrt beginnt ein Höllenritt. Die Bundesstraße 18 und die Europastraße 50 teilen sich eine einzige Fahrspur. Zum Individualverkehr gesellt sich der Schwerverkehr. Der Pannenstreifen, wenn vorhanden, ist kaum einen Meter breit und in schlechtem Zustand. Von links drängen die schweren Brummer, von rechts peitschen die Büsche. Bei Martin teilen sich die beiden Verkehrswege. Die Drängelei bleibt. Nach einem klärenden Erfrischungsgetränk wird noch einmal der Bahn der Vorzug gegeben.

In Liptovský Mikuláš wird ein weiteres Mal umgesattelt. Die Stadt in der mittleren Slowakei liegt 576 Meter über dem Meer und rüstet sich gerade für ein Oktoberfest. Die Waag ist auch wieder im Spiel und diesmal sind es West- und Niedere Tatra die die Stadt einkesseln.

Zur Erholung sind es nur noch wenige Kilometer hinein ins Land. Ein wenig abgeschieden in einer Winterregion, stehen Rad und Zelt auf einer vom Wald umzingelten Wiese mit traumhaften Panoramablick. Ein Wirtshaus ist auch in Reichweite was die Stimmung wieder aufpäppelt.

Ein Jahrmarkt, eine Kulturhauptstadt,  und ein slowakisches Nationalgericht


3. Tag: Sonntag, 21. September 2025

Strecke: Jablonka – Stará Turá – Nové Mesto nad Váhom – Trenčín

Streckenlänge: 54 km (gesamt 202 km)

Die unaufgeregte, liebliche Landschaft breitet sich auch weiterhin aus. Die Bedürfnisse von daheim rücken in weite Ferne, auf Reisen zählen die vordergründig banalen Dinge: Trinkwasser (für den Instantkaffee), Strom (für die Mobilgeräte), Erfrischungsgetränke (für den Geist), ein Wirtshaus  (zur Stärkung), eine Dusche (für die Reinwaschung) und ein gescheites Häusl (für die Morgentoilette).

In Nové Mesto nad Váhom ist Jahrmarkt, es riecht nach Zuckerwatte und Trdelník (Baumkuchen). Der Hauptplatz ist als solcher nicht wahrnehmbar, Trink und Fressstände verstellen den Gesamteindruck.

Ab Nové Mesto verliert sich die Romantik am Asphalt, eingezwickt zwischen Autobahn und slowakischer Bundesbahn. Auch der Sonntagsverkehr ist erheblich angeschwollen, auf den letzten 20 Kilometern überwältigt die Pflicht die Kür.

In Trenčín, der Europäischen Kulturhauptstadt 2026, kommen die Räder zum Stillstand. Ein echtes Schmuckkasterl: Ein langgezogener Hauptplatz, darüber am Berg eine herzeigbare Burg, eine imposante Synagoge, ein Stadtturm, … In der Kulturhauptstadt in spe wird fleißig umgestaltet und wie bei vielen Behübschungen werden typische Kanten ausgemerzt. Trenčín wird, so die Befürchtung, eine austauschbare Stadt „mit Mascherl“ wie so viele andere.

Das Mobilheim steht heute auf einer Insel inmitten der Waag (Váh), dem längsten Fluss der Slowakei, mit Blick auf die Burg. Nach dem Trubel der Innenstadt stehen Halušky (Erdäpfelnockerln, das slowakische Nationalgericht) in einem Vorstadtgasthaus auf dem Speiseplan. Schon bald geht das Licht aus und die Augenklappen fallen.