Glückliches Vieh, unglücklicher Karl Marx und die Stalinstadt


7. Tag: Mittwoch, 18. Dezember

Strecke: Kostrzyn nad Odra (PL) – Küstrin-Kietz (D) – Lebus – Frankfurt (Oder) – Eisenhüttenstadt

Streckenlänge: 69 km

Polnische Grenzstädte haben etwas Tragisches. Eine billige Frisur, noch billigere Tschick, ein voller Bauch um wenig Geld und einen günstigen Rausch in der Birne. Weiter, weiter! Auf die Morgensonne ist Verlass, rauf auf den Damm, der Rest gleicht dem gestrigen Tag – Fluss, Schilf, Asphaltband, Viecher. Glückliche Schafe, glückliche Gänse, glückliche Kühe kauen Grashalme auf ausufernden Au-Weideplätzen. Die Rindviecher tragen sogar, entgegen dem Trend, noch ihren spitzen Kopfschmuck. Das Glück währt solange, bis die Tiere auf unseren Tellern landen. Zum Thema Fleischverzehr kommt mir Kollege Fuzzman in den Sinn: «Ich ess doch keine Leichenteile!» Ich arbeite daran.
Frankfurt an der Oder ist wieder eine, als Folge des 2. Weltkrieges, geteilte Stadt. Die ehemalige Dammvorstadt östlich der Oder heißt heute Słubice. Im Lenné-Park steht eine Karl-Marx-Büste, versteinert verzweifelt der Kapitalismus-Kritiker über das Scheitern des realen Sozialismus. An der Brücke über die Oder haben Polizisten einen Flüchtling in der Mangel, eine Fußgeher-Zone ohne Fußgeher, mit leeren Geschäftslokalen und am Brunnenplatz tobt die Weihnachts-Disco.
35 Kilometer weiter oderabwärts in Eisenhüttenstadt ist die Lage wesentlich schlimmer. Es gibt keine Weihnachts-Disco, aber auch keine Gaststätten, keine Kneipen, keine Plätze der Zerstreuung. Was es gibt ist eine Linden-Alle mit dürftigen Einkaufsmöglichkeiten, eine Säule zur Erinnerung an die deutsch-russische Freundschaft, rundherum gleichgeschaltete Wohneinheiten, die «Stalinstadt» und Kaufhallen an den Rändern. Ein tragisches Bild. Was klingt sind die Straßennamen: Friedrich Engels, Karl Liebknecht, Rosa Luxemburg, Puschkin, … und selbstredend darf auch der Marx Karl nicht fehlen. Eisenhüttenstadt hat nach der Wende rund die Hälfte seiner Bewohner_innen verloren und ist total überaltert. Wer flüchten kann, der flüchtet. Blöd gesprochen, Parkplatzproblem gibt es hier keines.
Nach einem atemraubenden Fußmarsch findet sich doch noch eine Kneipe, sehr urig, wie der Name vermuten lässt: «Schluckspecht»! Es wird politisch kluggeschwätzt und Freundschaften für einen Abend geschlossen. Ein weiterer Höhepunkt ist die heutige Schlafstation oberhalb von einem Balkan-Grill. Zoran, der Inhaber hat in den 80er Jahren für den Wiener Sportklub gekickt, später für Eisenhüttenstadt und hier ist er auch hängen geblieben. Heute steht mir der Sinn nach Ausschweifung!

Komische Vögel, beschneite Weihnachtsmänner und der Polenmarkt


6. Tag: Dienstag, 17. Dezember

Strecke: Felchow – Alt-Galow – Hohenwutzen – Kienitz (D) – Kostrzyn nad Odra (PL)

Streckenlänge: 78 km

Was für ein Tagesbeginn, die Morgensonne strahlt, ein Radweg für mich alleine, rechts der Fluss, links endlose Aulandschaften. Komische Vögel mit langen Beinen und langen Hälsen tanzen in den wärmenden Strahlen und sind dabei sehr laut. Anders die unzählbaren Rehe die ihr Frühstück stumm zu sich nehmen. Ebenfalls stumm kreuzen Raubvögel meine Spuren.
Nach Lunow biegt die Spur ab vom kleinen Ableger zur großen Oder. Ab jetzt immer den Damm entlang. Alles sehr schön, aber mit steigender Kilometerzahl verliert sich der Zauber. Besonders dann, wenn auch die Sonne sich verabschiedet. Die Trance beim Fahren will sich heute nicht einstellen, wenn die Freude zum Krampf wird hilft der mitgeführte Tee mit Schuss. Die Gastronomie an der Oder ist gerade auf Winterpause, bei Kienitz dann endlich ein geöffnetes Wirtshaus. Was für uns Ösis das Christkind ist für die Ossis der Weihnachtsmann, jede Gaststube hat, wenn geöffnet, mindestens einen. Der Kienitzer «Gasthof zum Hafen» hat sehr viele, darunter auch einen unter Dauerbeschneiung! Kienitz, ursprünglich ein kleines Fischerdorf hatte im Zweiten Weltkrieg unbestellt seinen großen Auftritt. Hier überschritt die Rote Armee am 31. Jänner 1945 erstmals die Oder und befreite uns von dem kleinen Braunauer. Ein russischer Panzer im Ortskern erinnert noch heute an dieses Ereignis. Jetzt ist es nicht mehr weit zur heutigen Bettenstation auf der anderen Seite des Flusses. Kostrzyn, ehemals Küstrin, wurde durch das Potsdamer Abkommen 1945, welches die Westgrenze Polens bis zur Oder verschoben hat, in das polnische Kostrzyn nad Odra und das deutsche Küstrin-Kiez geteilt. Soviel zur Geschichte, wird die Oder überquert warten eine teilweise rekonstruierte Festung, viel mehr aber Tankstellen, Tabakläden, ein kapitalistischer Fleischlaberlhersteller, ein zweifelhaftes Einkaufsparadies, der Polenmarkt und ein XXL-Transparent: «Brauchst du einen Mitarbeiter ruf bei uns an!» Für heute sind alle Ausschweifungen abgesagt!

Ich such die DDR, endlich Oder und immer wieder Schlafplatz-Troubles


5. Tag: Montag, 16. Dezember

Strecke: Penkun – Mescherin – Gartz – Schwedt/Oder – Stützkow – Felchow

Streckenlänge: 70 km

Ich such die DDR. Angefangen hat alles ganz unverfänglich, als Schallplattenunterhalter in einer abgerockten Eckkneipe an der Wiener Augartenmauer, mit einem Musikwunsch: «Spiel mir doch bitte Am Fenster von City!» Am Fenster wo und welche City? Also: City eine der drei großen DDR Bands und Am Fenster ihr größter Hit, erschienen auf dem Staatslabel Amiga. Musik verbunden mit Geschichte(n) und Reisen, ein Feuer war entfacht …
Ich suche noch immer. Der Morgenspaziergang durch Penkun wartet auf mit sensationellen Fundstücken – HO Textilien, Haus der Einheit, … – ein inoffizielles DDR-Freilichtmuseum. Bei der Stadtausfahrt, Felder bis zum Horizont, wirbt eine Tafel «kauft bei der heimischen Landwirtschaft» für die lokale Produktion. Ein Hahn schreit, ein Hund bellt auf, kalte Hände, der Wind zieht auf. Hügelige Beton-Plattenwege führen bis zur polnischen Grenze. Endlich Oder! Nicht der Hauptstrom, ein Nebenzweig. Mescherin liegt bereits im Winterschlaf, nur die Vogelwelt tönt lebendig. Ein Asphaltband durch den Nationalpark «Unteres Odertal». Wälder, Auen, Sumpflandschaften, abgeknickte Bäume – die Biber sind ganzjährig aktiv. Auf die Idylle folgt die Industriestadt Schwedt. Ein kleiner Stadtkern mit einer Fußgängerzone ohne Fußgeher_innen und viel «Platte» (Fertigteilbauwohneinheiten) rundherum. Kein Platz zum Verweilen. Mit dem Stadtende kehrt auch die Idylle zurück. Gänsekolonien campen neben dem Fluss, Rindviecher genießen die satten Wiesen und die Rehe den Sonnenuntergang. Jetzt fehlt nur noch ein Bett. Und auch heute geht es nicht ganz ohne Intervention von außen. Nach mehreren Fehlschlägen führt eine Empfehlung der Nationalparkverwaltung wieder weg vom Fluss zurück ins Land nach Felchow, dort warten ein gemachtes Bett und eine warme Mahlzeit.

Böser Wolf, ein Bahnintermezzo und auf der Suche nach blühenden Dörfern


4. Tag: Sonntag, 15. Dezember

Strecke: Heidemühl – Seebad Ueckermünde – Bellin – Ueckermünde (BH) – Pasewalk – Grambow – Penkun

Streckenlänge: 104 km

«Seemann lass das Träumen …», ein Alleinunterhalter sorgt für Stimmung im Waldgasthof! Außerhalb des Gemäuers grasen Rehe, röhren Hirsche, Wildschweine pflügen den Boden und Wölfe sind auf der Suche nach leichter Beute. «Erst kürzlich haben sie eine wild lebende Herde Mufflons gerissen», berichtet die Wirtin. Aber das bringt die Feierstimmung nicht ins Wanken, sowohl Jubilare als auch Gäste sind ausreichend erfrischt und bei bester Laune.
Bei Tagesanbruch, die ersten Kilometer in das sonntäglich verschlafene Fischerdorf Mönkebude rollen sich wie von selbst. Kurz darauf wartet das Seebad Ueckermünde, noch läuft alles nach Plan. Ein Strandblick geht sich noch aus, dann brechen die Wolken. Noch ist der Wille nicht gebrochen, erst im nächsten Dorf. In Bellin hat die Bekleidung ihren Kampf gegen das Wasser verloren. Rückzug nach Ueckermünde und der Wechsel vom Fahrrad auf die Deutsche Bahn. Mit der Bahn kommt auch die Sonne wieder zurück, zu spät. Eine Kurzstrecke mit Umstieg in Pasewalk. Ein stattlicher Bahnhof ohne Alles. Leere, auf Mieter wartende Hallen, den per Werbetafel angekündigten Imbiss gibt es nicht mehr, einzig eine Spielhalle verspricht bessere Zeiten. Von der Wendeeuphorie ist hier nichts mehr übriggeblieben, wo sind die versprochenen «blühenden Dörfer»?
Bei Abendrot kommt Penkun in Reichweite. Umgeben von mehreren Seen zu ebener Erde, liegt die Kleinstadt auf einem Hügel, oben drauf ein Schloss. Das angepeilte Stadt-Gasthaus mit Bettenstation macht heute Abend Pause. Das übrige Zentrum ist ausgestorben, menschenleere Gehsteige und bis auf die Straßenbeleuchtung, alles finster. Aus eigener Kraft ist auch heute kein Bett aufzutreiben. Im entscheidenden Moment verirrt sich doch wer auf die Straße, die Vizepräsidentin des örtlichen Fischerei-Vereins, und vermittelt mir «Günter’s Bierstübchen» für Bett und Abendbrot. Ein Happy-End in letzter Minute!

Startschwierigkeiten, Vogelwelten und ein DDR-Stammtisch


3. Tag: Samstag, 14. Dezember

Strecke: Świnoujście (PL) – Seebad Ahlbeck (D) – Usedom – Karnin – Anklam – Bugewitz – Heidemühl

Streckenlänge: 78 km

Verdammt! Der erste Radreisetag beginnt unrund. Draußen fällt der Regen, drinnen fällt die Tür ins Schloss, die Schlüsselkarte verweilt noch im Zimmer. Die Reiseroutine ist noch nicht angesprungen. Vom polnischen ins deutsche Wunderland, das Seebad Ahlbeck hat seine unvermeidliche Seebrücke und Residenzen mit «klingenden» Namen wie «Germania» oder «Adler». Weg von den Seebädern, rein ins Land. Abseits vom Seebäderparadies lebt der Alltag, viel Landwirtschaft, viel Rindvieh, viel Holz, viel Wasser, viel Schilf. In den Dörfern lebt die Tristesse, bröckelnde Substanz und geschlossene Wirtshäuser. Offiziell existiert die DDR nur noch in den Geschichtsbüchern, unterwegs blitzt sie immer wieder auf, der Kapitalismus hat sich genommen, was er gebraucht hat, der Rest vergammelt.
Eine Brücke führt über den Peenestrom zurück auf das vorpommersche Festland. Der Peenestrom geht über in das Stettiner Haff, wildromantische Wasser- und Sumpflandschaften. Das Peenethal der «Amazonas des Nordens» ist eines der letzten Urstomtäler Mitteleuropas. Nach Anklam ist Schluss mit asphaltierten Radwegen, DDR-Plattenpisten rütteln aus den Gedanken, später führt ein wassertriefender Schotterstreifen durch Schilfgebiete. Die Radgeräusche schrecken Wasservögel aus ihrer Deckung. Federvieh rundherum so weit das Auge reicht, lange Hälse, kurze Hälse, in allen Farbschattierungen und an den Bäumen nagen die Bieber. Bei Bugewitz geht dem Tag das Licht aus und noch immer kein Bett in Sicht. Ein Insidertipp führt mich ins einzige Wirtshaus im Umkreis, das wunderbare «Waldrestaurant Heidemühl». Hier wird gerade eine Diamanthochzeit gefeiert und an der Theke findet sich ein DDR-Stammtisch zusammen. Es wird in realsozialistischen Zeiten geschwelgt – «wir haben aus Kuhscheiße Bonbons gemacht» – und unterm Strich sind sich alle einig: «Nicht alles was der Westen gebracht hat ist der Weisheit letzter Schluss!»

Was für eine Nacht, auf Schienen durchs Land und auf’s Pepperl!


2. Tag: Freitag, 13. Dezember

Strecke: Berlin – Stralsund (D) – Świnoujście (PL)

Normalerweise sind Zeitangaben Schall und Rauch, vor allem bei Wiedersehensfreuden mit den Berliner Freunden und in Kombination mit Erfrischungsgetränken. Die Nacht kennt keine Stunde. Und manchmal doch, da stockt die Routine, es gibt auch im fortgeschrittenen Alter noch ein erstes Mal: 12. Dezember, 23:21Uhr! Und die Welt ist anders als sie vorher war, der Pepperl ist da, ich bin Opa! Hoch die Tassen, eine feste Umarmung nach Wien, eines geht noch!
Ein Valentino oder doch ein Kurtl? Diese Info ist noch nicht in Berlin gelandet, stattdessen wartet der Regionalzug in Richtung Stralsund. Rauf aufs Brompton die Danziger rüber, vorbei am Mauerpark und runter die Bernauer. Zwei Mal über die nicht mehr unüberwindliche, lediglich am Boden markierte Mauer. Dort wo sie noch steht an der Bernauer, schnappschießen Mobiltelefone Selfies am laufenden Band.
Kennen Sie den? Ein Opa sitzt im Zug und wartet auf Abenteuer! Draußen verschwindet die Stadt, Oranienburg, die Uckermark, Neubrandenburg fliegen vorbei und irgendwann ist das Festland zu Ende und die Ostsee breitet sich aus, Stralsund ist erreicht. Von hier aus rollt die Bäderbahn, setzt bei Wolgast auf die deutsch-polnische Insel Usedom über, klappert die Seebäder ab und hat seine Endstation im polnischen Świnoujście. Hier hat schon der deutsche Kaiser Wilhelm II. seine Zehen in der Ostsee erfrischt. Der erste Ostsee-Blick geht sich nur mehr im Kunstlicht aus, die Strandpromenade befindet sich gerade im Umbau und das Schuhwerk versinkt im Gatsch. Der heutige Abend wird ein kurzer, noch ein Żywiec auf den Pepperl, dann werden für heute die Kerzen ausgeblasen, morgen geht’s los, es wird wieder bromptonisiert!

Keine Angst, ein anderes Berlin und Königsberger Klopse


1. Tag: Donnerstag, 12. Dezember

Strecke: Nachtzug Wien – Berlin

«Wir haben nichts zu verlieren außer unsre Angst», ein unzerstörbarer Satz der Ton Steine Scherben Hymne «Der Traum ist aus»! Vorgestern noch auf der ebenerdigen Bühne des Gasthauses Praschl im zehnten Wiener Hieb (Anm. Gemeindebezirk), gemeinsam mit meinen Kollegen von Die Rio-Reiser. Band und Publikum verschmelzen zu einer unüberhörbaren Stimme – «Macht euch bereit, für den Kampf ums Paradies»! Einen kapitalen Rausch, einen Reparaturtag und eine Nachtbahnfahrt später zu Besuch am Grab des 1996 verstorbenen Sängers und Autors eingangs zitierter Zeilen.
Berlin ist verschnupft, der Fernsehturm versteckt sein Haupt im dichten Nebel. Der Hauptstadtbesuch ist nur ein Zwischenstopp einer Stadtflucht auf der Suche nach Ruhe und Gelassenheit. Die eigentliche Reise, der Oder-Neiße-Radweg von Świnoujście (Polen) der deutsch-polnischen Grenze entlang bis nach Tschechien und weiter zurück nach Hause. Mit dem Faltrad. Coming Home for Christmas!
Im Städtevergleich ist Radfahren in Wien ein Wellnesstrip. Die Stadtausfahrt führt zu Nebenschauplätzen der Metropole: In die Chausseestraße 131, wo Wolf Biermann bis zu seiner Ausbürgerung aus der DDR wohnte und arbeitete. In eine Altberliner Eckkneipe am Mariannenplatz wo die Kundschaft noch richtig «berlinert». Ans Tempelhofer Ufer, wo die Scherben-Familie in den frühen 70er Jahren gemeinsames wohnen übte. Zum Alten St. Matthäus Kirchhof wo Rio Reiser unter der Erde liegt. An das ehemalige Lenné-Dreieck, auf der Westseite gelegen und trotzdem Teil der DDR. Dieser nicht mehr existierende Wildwuchsstreifen erzählt eine andere Flucht-Geschichte. 1988 flüchteten die Besetzter dieses Grün-Dreiecks vor der Polizei über die Mauer nach Ost-Berlin, wurden dort von der Volkspolizei abgeholt, verpflegt und wieder zurückgeschickt. Die vorletzte Station ist der Ernst Thälmann Park, wo der Ernstl noch immer seinen rechten Arm zum kommunistischen Gruß erhebt. Rot Front Genosse! Die letzte ist ein Besuch in der «Bierquelle», meiner Stammkneipe an der Greifswalder Straße, wo die Zeit stecken geblieben ist, in der Vorwendezeit, als Walter Ulbricht das Ruder noch fest in der Hand hatte.
Aber das Beste kommt zum Schluss: die Vertiefung einer deutsch-österreichischen Freundschaft beim gemeinsamen Kochen. Am Speiseplan stehen Königsberger Klopse, der Rest würde zu weit führen …!

Der/Das Liebling-Pub, ein Letztes und eine Zusammenfassung


17. Tag: Dienstag, 30. Juli

Strecke: Dublin – Wien (Flug)

Zurück in die Rumpelkammer, morgen beginnt der Tag noch «earlyer» als bisher. Wien wartet und das Irland/Nordirland-Abenteuer ist Geschichte. Aber zuvor noch ein Abstecher in mein Lieblings-Pub «The Auld Trinangle» an der Dorset Lower Ecke Gardiner Upper, eine letztes zum Abschied – In diesem Sinne: «Don’t Rush Take You Guinness Time – Cheers!»

Nachschlag 1:
Der oder das Pub? Beides geht, beides richtig!

Nachschlag 2:
Rauchen gefährdet nicht nur die Gesundheit, sondern auch die Geldbörse. Rauchen in Irland ist empfindlich teuer. Ein Packerl Tabak kostet satte 17,50 Euro (Wiener Vergleichspreis 6,- Euro).

Nachschlag 3:
Sehr rücksichtsvoll sind die irischen Autofahrer_innen, DANKE!

Nachschlag 4:
Das Abflugsdrama wird ausgespart, darum gleich zur …

Zusammenfassung:
Reisetage: 17
Radtage: 11
Verlauf: Dublin/Airport (Start) – Belfast – Nordküste (Coastal Route) – Derry – Westküste (Wild Atlantik Way) – Galway – Dublin (Ziel)
Kilometer gesamt: 1256
Radkilometer: 787
Zeltnächte: 9
B&B-Nächte: 7

DANK an:
Dominik Mandl (COOPERATIVE FAHRRAD) www.fahrrad.co.at
Mirjam & Robert (TREKSPORT) www.treksport.com
Elisabeth «Lili» Hundstorfer (LILI RECORDS)
Straßenzeitung AUGUSTIN https://augustin.or.at
&
allen BOLG-LESER_INNEN
&
der LIEBSTEN!

… bis demnächst
MaRIO

Quer durch die Stadt, eine Wall of Fame und der Griff ins Dekolleté


16. Tag: Montag, 29. Juli

Strecke: Dublin

Im Imbiss unter der Schlafkammer herrscht geschäftiges Treiben bis spät in die Nacht. Trotzdem, wunderbar geschlafen in meiner Rumpelkammer in der Belvidere Road.
In der Früh geht es von Norden nach Süden einmal quer durch die Stadt. Übersetzt auf Wien, einmal «Kagran – Perchtholdsdorf» tour-retour. In Goatstown wartet eine Transport-Verpackung für mein Brompton-Faltrad. Mit einem großen «Karton-Rucksack» am Rücken führt der Weg zurück in Richtung Stadt.
Das Zentrum von Dublin trennt der Liffey River. Die Innenstadt wirkt wie ein einziger, großer Pub. Viele bunte Holzläden verleiten zum Bierkonsum unterbrochen von Backsteinbauten. Noch einmal eintauchen in die Höhle des Löwen: In Temple Bar dem Vergnügungsviertel der Stadt gibt es Live-Musik schon zum Mittagstisch. Es gibt ein Irish Rock’n’Roll Museum und eine Wall of Fame der irischen Rock-Elite. In den Straßen von Dublin hat auch der kleine Bono (Vox/U2/Sunday Bloody Sunday) den Rock’n’Roll gelernt, bevor er Weltstar wurde und sich zum Jesus der Rockmusik hochspielte. Anderen Kolleg_innen aus Dublin ist der Rock’n’Roll-Lifestyle nicht so gut bekommen: Phil Lynott (Thin Lizzy/The Boys Are Back in Town) hat es mit den Rauschmitteln übertrieben und starb mit 47 Jahren. Sinéad O’Connor (Nothing Compares 2 U) kämpft immer wieder mit ihren Dämonen im Kopf. Bob Geldof (Boomtown Rats/I Don’t Like Mondays/Live Aid) wurde von der Queen zum Ritter geschlagen, darf den Titel «Sir» aber nicht tragen, da er Staatsbürger der Republik Irland ist. Den wenigsten wird der Name Luke Kelly (1940 – 1994) geläufig sein, der irische Sänger und Banjo-Spieler war Mitbegründer der Irish-Folk-Gruppe The Dubliners, aber jetzt klingelt was?!
Ein weiteres Wahrzeichen ist die Molly Malone Statue, auch bekannt unter «Cockles and Mussels» („Herzmuscheln und Miesmuscheln“), einem bekannten irischen Volkslied und eine inoffizielle Hymne der Stadt. Die Ballade erzählt von einer schönen Dubliner Fischhändlerin, die in ihren jungen Jahren stirbt. Es soll Glück bringen der Dame ins Dekolleté zu greifen, die Herren haben sichtlich ihre Freude dabei und die dazugehörigen Damen schießen das Erinnerungsfoto. In der Meath Street in der Nähe des Guinness-Storehouse ist der Trubel dann vorbei, noch ein Erfrischungsgetränk und ab in den Norden der Stadt, dort wartet dann noch ein letztes.

Verloren in der Stadt, belegte Betten und verrücktes Hurling


 

15. Tag: Sonntag, 28. Juli

Strecke: Galway – Dublin (Bus)

Streckenlänge: 208 Kilometer

«Muscheln, Fisch & Pinot Grigio», dinieren wie ein Kaiser!
Mit dem Früh-Bus geht es von West nach Ost einmal quer über die Insel. Dublin am Sonntag um viertel Zehn (09:15) ist noch nicht munter und mein Bett ist noch nicht gemacht. Also die obligatorische Hop-On-Hop-Off-Tour mit dem Brompton durch die Stadt. Alle Klassiker im Schnelldurchlauf. Das unumgängliche Castle, unzählige Bethäuser, die Jameson Destillery (nur von außen!), … und ein Kurzbesuch in der Harry Street bei einem alten Bekannten. Phil Lynott (1949 – 1986, irischer Sänger, Bassist und Gründer der Band Thin Lizzy, hat ein Platzerl auf einem Sockel bekommen. Inzwischen sind alle wach und auf den Beinen, das Zentrum ein einziger Ameisenhaufen. Sonntagsruhezeiten haben sich nicht bis ins katholische Irland durchgerungen, viele Geschäfte bieten auch am Tag des Herren ihr Klumpert an. Nach so vielen Tagen in der Einsamkeit will das Eintauchen in die Stadt nicht gelingen. Wie schon Galway hat auch Dublin sein Festival «Hotter Than July» und mein fix gebuchtes Bett ist bereits belegt. Das Ersatzquartier liegt in einem Außenbezirk, frei von Tourist_innen, dafür überfüllt von Menschen in blau-gelben sowie violett-goldenen Trikots. Grund dafür ist das All-Irland Hurling Semifinale zwischen Wexford und Tipperary. Crazy Hurling! Ein irischer Nationalsport: Zwei Mannschaften zu je 15 Spielern, alle tragen einen Sturzhelm, versuchen einen kleinen Ball mit einem Holzschläger ins gegnerische Tor zu befördern. Da geht es ordentlich zur Sache. Im Pub, wo das Spiel übertragen wird ebenso. Die «Blau-Gelben» (Tipperary) sind alkoholtechnisch schon mehr als übererfrischt und dementsprechend verhaltensauffällig. Tipperary entscheidet in der Nachspielzeit das Match für sich und der Bierkonsum der Sieger kennt keine Grenzen!

PS: am Foto ist die Ordnung im Pub wiederhergestellt