Von der Krakauer Straße nach Krakau, das Ziel-Foto und eine Zusammenfassung


  1. Tag: Freitag, 29. September 2023

Strecke: Krakau – Wien (Zug)

Zusammenfassung:

Reisetage: 12
Länder: Österreich, Tschechien, Polen
Gefahrene Kilometer: 1020 Wien, Krakauer Straße – Krakau/Rynek Główny,
615 Kilometer
Übernachtungen: 10 Nächte im Zelt, 1 Nacht im Bunker (Brünn)

Vielen Dank für’s Lesen, Mitreisen, Mitfiebern … Im Dezember startet vermutlich die nächste Ausfahrt, wieder mit dem Bobo-Porsche, dem Brompton-Faltrad!
Alles Liebe & Dank
Mario

Ein verirrter Schwan, Krakau von Innen nach Außen und endlich Kulinarik


  1. Tag: Donnerstag, 28. September 2023

Strecke: Krakau

Streckenlänge: 6 km (zum Ziel: Hauptmarkt/Rynek Główny, 615 km)

Die Weichsel entlang bis ins Stadtzentrum. Krakau, die alte Hauptstadt, UNESCO Weltkulurerbe und aktuell zweitgröße Stadt Polens. Schon nach wenigen Umdrehungen rückt der Wawel (Burganlage und Königsschloss) in’s Sichtfenster. Bei der Weichsel-Überquerung blockiert ein Klima-Schwan den Frühverkehr. Lockfutter wird freudig angenommen, aber der Widerstand wird nicht aufgegeben.
Die historische Altstadt wird von einem Grünen-Band umschlossen und im Herzen liegt der Rynek Główny (Hauptmarkt). Das unglaubliche Ensemble aus Tuchhalle, Rathausturm und Marienkirche ist ein touristischer Brennpunkt. Hier entsteht auch das Ziel-Foto, welches aber erst morgen präsentiert wird.
Die Alternativ-Route führt raus aus dem Trubel: Nach Nowa Huta (Arbeiterviertel und Planstadt im stalinistischen Baustil), weiter zum Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers KZ Plaszow (weitläufige Grünflächen mit Info-Tafeln und einem Opfer-Denkmal), vorbei an Oskar Schindlers einstiger Emaillewaren-Fabrik (heute ein Museum), an den Mauerresten des damaligen jüdischen Ghettos und zum Tourende nach Kazimierz, ins belebte jüdische Viertel nahe der Innenstadt.
Nach vielen Tagen kulinarischer Entbehrungen stimmt heute auch die Speisekarte: „Żurek“ (saure Mehlsuppe mit Gemüse, Wurst und einem hartgekochten Ei), „Pierogi“ (Teigtaschen) mit Fleischfüllung und „Bigos“ das polnische Nationalgericht (Krauteintopf mit Fleisch und Wurst). Ein versöhnender Abschluss!

Ein Tierparadies, die Weichsel und ein desorientierter Mr. Google


  1. Tag: Mittwoch, 27. September 2023

Strecke: Chełm Śląski/Goje – Kamień – Krakau

Streckenlänge: 75 km (609 km)

Mit der Sonne erwacht auch das Paradies der Tiere: Wildenten begrüßen lautstark den Tag, Hähne krähen, eine Kaninchen tanzt über die Wiese, ein Eichhörnchen krall sich eine Nuss, Katzen pirschen sich an und ein Igel kämpft sich durch’s hohe Gras.
Endspurt zur Zieletappe. Ein Stück des Weges zurück zur Weichsel und abgebogen auf den Damm. Immer dem Fluss entlang, das anfänglich schöne Bild verliert sich mit den gefahrenen Kilometern. Wie am Heimtrainer – treten, treten, treten – bei unverändertem Ausblick. Felder, Wiesen, Fluss. Ein neuer Ohrwurm, „Father and Son“ von Cat Stevens, reiht sich ein in die Kopfplayliste. Es geht (musikalisch) aufwärts!
Nach 40 Kilometer die erste Gastwirtschaft, sogar eine mit Freisitz. Eine wunderbare Erdäpfel-Gemüse-Suppe und ein kühles Bier spenden Freude und Energie. Die Endstation ist nah, da verliert Mr. Google komplet seine Orientierung und navigiert Rad samt Fahrer auf unbefahrbares Gelände ins Nirgendwo. Mit großer Mühre, unter Ausstoß schwerer Verwünschungen und derber Kraftausdrücke, wird nach einer Stunde Irrwegen die Fahrt wieder aufgenommen.
Das Krakauer Stadtzentrum muss warten, ein Capingplatz direkt an der Weichsel, leider nur ausgerichtet für große Blech-Mobile, ist der heutige Hafen. Der Zieleinlauf samt Foto folgt morgen!

Geglättete Landschaft, ein Ort des Grauens und ein Kleinhäusler-Idyll


  1. Tag: Dienstag, 26. September 2023

Strecke: Bielsko-Biała – Oświęcim – Chełm Śląski/Goje

Streckenlänge: 54 km (534 km)

Ab Bielsko-Biała glättet sich die Landschaft, die Räder laufen wie auf Schienen. Heute ist auch die Sonne wieder mit im Spiel und heizt ordentlich ein. Die offiziellen Radwege wurden bereits gestern vom Reiseplan gestrichen, bei den letzten Kilometer bis zum Ziel bestimmen die Campingplätze die Route. Dörfer reihen sich aneinander bis nach Oświęcim. Das strahlende Wetter passt nicht zum Ort. Oświęcim, klingt vorerst unverdächtig, der deutsche Name birgt die Grausamkeit: Auschwitz! Rund um das ehemalige Konzentrationslager drängen sich die Touristenbusse, Reisegruppen und Schulklassen werden ausgeladen um die Geschichte nicht vergessen zu machen.
Auf rund 50 Kilometer keine einzige Labestation mit Sitzgelegenheit, von Oświęcim einmal abgesehen, da vergehen einem Hunger und Durst. Auch die wunderbaren „Skleps“, diese kleinen Greißler, die von der Wurstsemmel bis zum Häuslpapier alles im Sortiment haben, werden immer weniger. Dafür treten sich die Supermaktketten gegenseitig auf die Zehen. Kein Platz mehr für Geselligkeit.
Goje liegt am Zbiornik Dziećkowice (See) und ist ein Kleinhäusler-Idyll mit Campingplatz, sogar ein Wirtshaus ist vor Ort. Trotzdem bleibt die Kulinarik auf der Strecke, statt polnischen Schmankerln gibt es Pizza und Burger. Der für morgen geplante Ruhetag wird auf unbestimmte Zeit verschoben …

Ohrwürmer, bergauf-bergab und zu Besuch bei Lolek und Bolek


  1. Tag: Montag, 25. September 2023

Strecke: Soběšovice – Český Těšín (CZ) – Cieszyn (PL) – Bielsko-Biała

Streckenlänge: 55 km (480 km)

Hügelig nähert sich die polnische Grenze, immer wieder muss das Zweirad geschoben werden. Radreisen bedeutet auch Rad schieben und ein E-Bike kommt in den nächsten Jahren mit Sicherheit keines ins Haus!
Mit der Fortdauer der Reise wechseln auch die Ohrwürmer im Kopf: Dominierte „Hooligans“ vom Starmaniac Mario Lang!!! die erste Woche, dreht sich aktuell „Ganz in Weiss“ von Roy Black!!! in der Dauerschleife. Dazwischen gab Rainhard Fendrich!!! mit „I am from Austria“ ein kurzes Zwischengastspiel. Was für ein absuder Wahnsinn, leider fehlt es an einer Stopp-Taste!
Die Osla trennt die tschechisch-polnische Doppelstsdt Český Těšín/Cieszyn. Grenzorte sind oft ein Trauerspiel. Die tschechische Stadthälfte wirkt abgerockt, ein Alko-Shop reiht sich an den nächsten, dazwischen China-Ware bis zum Abwinken. Der polnische Teil wirkt wesentlich aufgeräumter, schicke Cafes umranden den Hauptplatz. Das Rathaus ist reichlich beflaggt, neben polnischen und europäischen Fahnen wehen auch die der Ukraine.
Das Rauf-Und-Runter-Spiel nimmt kein Ende. Die letzten Kilometer vor Bielsko-Biała säumen Einkaufsmärkte und Autoersatzteil-Läden den Straßenrand. Auch Bielsko-Biała ist hügelig, die Stadt verfügt über einen Ski-Sessellift und der Campingplatz liegt noch ein Stück darüber. Das Rad wird geparkt und die Bus-Linie 8 führt direkt ins Stadtzentrum: Ein Stile-Mix aus alter Bausubstanz, bröckelnder Ostblock-Architektur und kapitalistischer Einkaufs-Tempel. Der historische alte Marktplatz ist von Lokalen umzingelt, viele leere Tische warten noch auf Gäste. Nahe der Biała, einem Nebenfluss der Weichsel, drehen die polnischen Comic-Helden „Lolek und Bolek“ gerade an der Erdkugel.

Wieder in Wien, ein Mitbringsel und eine Zusammenfassung


  1. Tag: Sonntag, 27. September

«Servas Oida, hab di ewig ned g’segn
Kumm, dazöh ma, was is ollas so gschegn
Ja, i woa laung nimma da
Owa jetzt bin i unhamlich froh
I bin wieder in Wien» (Georg Danzer)

ps: im Mobilhaus hat sich ein Mitbringsel versteckt …

Und im Nachspann eine kurze Zusammenfassung:

Reisetage: 14

Strecke:
Wien – Warschau – Augustów – Stary Folwark – Wiżajny – Gołdap –
Węgorzewo – Rydzewo – Wiartel – Ełk – Stary Dwór – Białowieża – Warschau –
Wien

Übernachtungen: 12 x im Zelt; 2 x im Zug

Gefahrene Radkilometer: 622

Vielen Dank für‘s Mitreisen/-lesen …,
bis zum nächsten Ausritt!
Alles Liebe
Mario

Zerstückelte Stadt, von Glastürmen bis Wohnsilos und der Zug fährt ab


  1. Tag: Samstag, 26. September

Strecke: Warschau – Wien

Streckenlänge: 16 km (Radkilometer/Warschau)

An der Weichsel entlang ins Stadtzentrum. Kaffee trinken, Bahnticket kaufen, Geld wechseln … Warschau kann seine Reize gut verstecken, es zeigt sich eine zerstückelte Stadt. Was auch kein Wunder ist, nach dem gescheiterten Warschauer Aufstand (1. August bis 2. Oktober 1944) hat die deutsche Besatzungsmacht die Stadt fast vollständig zerstört. Die Altstadt wurde zwischen 1946 und 1953 detailgetreu wiederaufgebaut und 1980 als Weltkulturerbe ausgezeichnet.
Trotzdem sind die Brüche in der Stadt nicht zu übersehen. Im revitalisierten Zentrum tobt der übliche touristische Zirkus, außerhalb streiten sich realsozialistische Bauten mit kapitalistischen Hochhausgiganten um den Platz in der Stadt. Der zukünftige Sieger steht fest. Was noch auffällt, während (zurecht) ein würdiges Monument an den Warschauer Aufstand erinnert, liegt die Erinnerung an, die von den Nationalsozialisten vernichtete jüdische Bevölkerung und das Warschauer Ghetto im Verborgenen. Inmitten von Wohnhausanlagen versteckt, erinnert lediglich ein winziger Rest der einstigen Ghetto-Mauer an die Vernichtung der jüdischen Bevölkerung.
Zwischen Glastürmen und Wohnsilos findet sich dann doch noch eine erdige Kneipe um die Zeit bis zur endgültigen Heimbringung zu vernichten. 18.55, Zug fährt ab!

Erster Rückreisetag, eine Rad-Bahn-Kombi und ein Campingplatz des Grauens


  1. Tag: Freitag, 25. September

Strecke: Białowieża – Hajnówka (Rad) – Warschau (Zug)

Streckenlänge: 30 km (Radkilometer)

Die erste Etappe der Rückreise führt noch einmal ein Stück durch Büffel-Revier, die gewünschte Begegnung bleibt abermals aus. In einem Kaff namens Hajnówka beginnt die Rückführung mit der Eisenbahn. Das Bahnhofsgebäude ist verlassen und trotz allem reizvoll (Bild). Maske auf und durch! Zwei Mal umsteigen und nach vier Stunden Hop-On-Hop-Off – es zieht viel Holz und Landwirtschaftsfläche am Fenster vorbei – rollt der Zug in Warschau Wschodnia ein. Für die restliche Strecke bis zum Mobilheim-Platz wäre die Beschreibung trostlos eine fahrlässige Untertreibung. Der Campingplatz kann es noch besser: eingezwängt zwischen einem Wisła- (Weichsel) Arm und einer Autobahn, ohne Dusche, dafür mit vielen kleinen garstigen Mistviechern. Ein verschärftes Kontrastprogramm zu den Nächten davor. Da hilft nur eines, den heutigen Tag schnell wegschlafen!

Sprechübungen, Achtung Büffel und die Endstation ist erreicht


  1. Tag: Donnerstag, 24. September

Strecke: Stary Dwór – Białowieża

Streckenlänge: 45 km

«Dzień dobry!» Guten Tag, jerde/r wird begrüßt, allein schon, um das Sprechen nicht zu verlernen. Heute wird wieder aufgesessen auf dem Green Velo Radweg. Ein Verkehrsschild warnt vor Büffeln, es geht durch den Białowieża-Nationalpark wo Europas letzte wilde Wisente leben. Dummer Weise sind die bulligen Viecher sehr scheu und so bietet ein Besuch im Białowieża-Reservat die einzige Möglichkeit so ein Exemplar vor die Linse zu bekommen. Neben den grasenden Riesen beherbergt das Freiluft-Gehege auch brunftige Hirsche, schlafende Luchse, gleichgültige Elche und faule Wildschweine, einzig die Wölfe verstecken sich. Trotzdem, eingezäunte Wildtiere sind das halbe Vergnügen. In Białowieża hat sich eine Art zarter Büffeltourismus etabliert und die weißrussische Grenze ist zum Greifen nahe. Einmal schnell zur Grenze gefahren – tote Hose – die elektrischen Balken sind geschlossen und auch sonst rührt sich nichts.
Białowieża war die letzte geplante Station der Reise, Kopf und Körper sind erschöpft, das Herz traurig, ab morgen beginnt der Weg zurück in das, was «normales Leben» heißt.

Ein Tag der Arbeit, eine Fleißaufgabe und einer nach dem anderen


  1. Tag: Mittwoch, 23. September

Strecke: Ełk – Białystok (Zug) – Michałowo – Stary Dwór

Streckenlänge: 73 km (Radkilometer)

Punkt sechs Uhr, raus aus dem wärmenden Schlafsack! Heute wird eine Teilstrecke per Zugfahrt überbrückt. Wieder in Richtung Osten, wieder nach Białystok, ein Umsteigebahnhof auf der Anreise. Ähnlich wie Ełk kann auch Białystok überraschen, fern ab von Tourismus-Pfaden präsentiert sich eine lebendige Stadt.
Den Masuren wird der Rücken gekehrt und es führt der Weg zurück in die Woiwodschaft Podlachien. Der Unterschied? Statt roten Backsteinbauten beherrscht, ähnlich wie in den baltischen Ländern, die niedrige Holzbauweise das Landschaftsbild. Heute ist kein Tag für Schöngeister, heute ist ein Tag der Arbeit. Ein Zubringertag. Dafür vom Start bis zum Ziel fast ausnahmslos auf Asphalt. Die einzige Aufregung breitet wieder einmal die Kulinarik. Das Camping-Wirtshaus ist bereits auf Winterpause und der nächste Sklep (Gemischtwarenhandlung) sechs Kilometer in Herkunftsrichtung entfernt, wir hatten bereits das Vergnügen. Eine tour-retour zwölf Kilometer lange Fleißaufgabe zur Verbesserung der Tagesleistung. Ein Detail am Rande, die streng nach Corona-Regelung amtierende Besitzerin lässt pro Geschäftsanbahnung nur eine Kundschaft in ihr Reich: Bitte warten, einer nach dem anderen!
Das Mobilheim steht übrigens wieder an einem Gewässer (Stausee Siemianówka), aber das ist inzwischen auch nichts mehr Neues.