Danke Belgrad, liebgewonnene Bekannte und frühstücken am «Schdrom»


2. Tag: Freitag, 14. Dezember

Strecke: Belgrad – Požarevac – Veliko Gradište – Donji Milanovac – Kladovo (Bus)

Zwei Uhr in der Nacht, raus mit der ganzen doppelstöckigen Reiseladung! Männer, Frauen, Kinder, alle müssen den Bus verlassen um den ungarischen Grenzbeamten ihre Pässe persönlich vorzuführen. Im Gegensatz, die serbischen Grenzer geben sich mit den abgesammelten Reisedokumenten zufrieden. Licht aus, weiterschlafen! Kurz nach Fünf rollt der Doppeldecker über die Save in Belgrad ein, gefühlt ist es noch mitten in der Nacht. Belgrad ist anders, die Menschen geben bereitwillig und freundlich Auskunft, alles ist «kein Problem», auch das Brompton wird ohne Murren im Überlandbus nach Kladovo verstaut. Hop-On-Hop-Off! Abfahrt Punkt sechs Uhr. Nach einer kurzen Autobahnstrecke wird es ab Pozarevac ländlich, ab Veliko Gradište romantisch und ab Golubac führt die Piste direkt am «Schdrom» entlang. Auf der gegenüber liegenden, rumänischen Seite blitzen Schneeflecken von den sanften Bergrücken. Am Weg winken lauter alte, liebgewonnene Bekannte: Veliko Gradište, Golubac, Donji Milanovac, alles Ortschaften an der Donau die mir ans Herz gewachsen sind. Nach 16 Stunden Reisezeit rollt der Bus endlich in Kladovo ein. Ein kleiner Schock für zwischendurch, auf die Erneuerung meiner sträflich abgefahrenen Bremsbelege wurde bei der Wiedertüchtigmachung meines Bromptons vergessen.
Wie schon bei den letzten Besuchen in Kladovo ist das «sozialistisch» anmutende Hotel Đerdap die Schlafburg meiner Wahl. Achter Stock, Balkon, Ausblick auf den «Schdrom» und die rumänische Schwerindustrie auf der anderen Seite.
Ein Frühstück zur Mittagszeit, promenieren am Schdrom, eine Runde Müßiggang bevor morgen das Beintraining beginnt. Inzwischen hat der Nebel die Umgebung verschleiert und Schneefall setzt ein, das Wetter ist eindeutig wieder auf meiner Seite ; ). Nahrungsaufnahme und die nicht geschlafenen Stunden nachholen …

Wien ist Glasgow, Erdberg ist Ostblock und flix mit dem Bus nach Belgrad


1. Tag: Donnerstag, 13. Dezember

Strecke: Wien – Budapest (HU) – Belgrad (SRB) (Bus)

Die Wiener Innenstadt spricht heute hauptsprachlich Englisch. Im Bermudadreieck drängen sich die Männer aus Glasgow, tragen Schals in blau-weiß-rot, hängen Transparente, haben ein Glas Bier in der Hand (noch vor der Mittagspause) und alle wälzen große Hoffnungen. Für nicht ballsportbegeisterte Menschen, heute Abend rittern die Glasgow Rangers gegen Rapid Wien um die Gunst der runden Kugel.
Derweilen in der Innenstadt der Alkoholpegel steigt werden letzte Reisevorbereitungen getroffen und eine möglichst «schlanke» Radtasche gepackt … Noch ein letztes Erfrischungsgetränk mit der Liebsten am Rochusmarkt. Gut erfrischt rollt es sich hinunter zum Busbahnhof Erdberg. Der internationale Busbahnhof Erdberg ist tiefster «Ostblock» von der unromantischen Seite. Oben eine vielspurige Autobahn, unten Beton. Ein grindiges Imbiss und ein nicht funktionierendes «50-Cent-WC». Die Münzen werden vom Automaten verweigert, das Drehkreuz bleibt undurchdringlich starr …
Das Faltrad wird im Bauch des Buses verstaut und der Passagierraum ist bis auf den letzten Platz belegt. Auch im Bus ist das «Häusl» fest verriegelt – «ein technisches Gebrechen», gesteht der Busfahrer. Ein Traumstart!
Zweck und Ziel der Reise sind zum einen dem vorweihnachtlichen Wiener-Punsch-Wahnsinn zu entkommen, zum anderen geht es um Bewegung in der frischen Luft und ein Rendezvous am «Schdrom» (© Ernst Molden, für die Donau). Der (angedachte) Reiseverlauf: Mit dem Bus nach Belgrad (SRB), gleich weiter nach Kladovo, einer Kleinstadt direkt am Fluss. Kladovo ist sozusagen der Kilometer Null, von hier aus geht es auf zwei Rädern zurück in Richtung Wien …
Die Grenze nach Ungarn ist inzwischen überschritten und der Druck auf die Blase steigt … Györ bringt Erleichterung, Budapest einen modernen Busbahnhof und den Anschluss-Bus nach Belgrad. Mein kleines Faltrad macht große Probleme, will nicht mitgenommen werden, es bedarf einiger Wortverdrehungen und ein zarter Aufpreis lassen es letztendlich doch noch mitreisen. Aber vorwärts jetzt und ein bisschen die Augenlider runterlassen.

Ein unbestellter Begleiter, durch Ungarn durch und eine Zusammenfassung


13. Tag: Samstag, 29. September

Strecke: Bezdan (SRB) – Baja (HU) – Tata – Wien (AT)

Das Fisch-Paprikasch war ein Traum und unseren letzten Abend in Serbien verbringen wir zu dritt. Ein vierbeiniger Strawanzer macht es sich neben unserem Tisch auf der Terrasse gemütlich, begleitet uns auf dunklen Wegen bis zum Zelt und hält während unserer Nachtruhe Wache. In der Früh war er so unangekündigt verschwunden wie er unangemeldet aufgetaucht ist.
Ein letzter Blechhäferl-Kaffee an der Donau. Am serbischen Ufer ist die Sonne noch nicht angekommen, momentan erreicht sie gerade das kroatische Batina am anderen Donau-Ufer. Der Abschied fällt schwer, ab dem ungarischen Baja führt das große graue Band bis direkt zur Schrebergartenhütte in Wien-Wasserwiese. Eine letzte ungarische Nacht wird verworfen, es bleibt bei einer Verpflegungspause in Tata (im Bild). Ein harter Eintritt in die Festung Europa. Herausgeputztes Englisch, dicke Servietten, ein Pianospieler, geschliffene Kellner_innen. Das alles gibt es auch bei uns, also gleich nach Hause!
Noch eine kurze Zusammenfassung:
13 Reisetage. 12 Reisenächte, davon 11 im Zelt verbracht. 2.206 mit dem Automobil gefahrene Kilometer. 6 bereiste Länder (A, SLO, HR, BiH, SRB, HU). Wunderbare Ćevapi, traumhafter Fisch, exzellenter Vranac, ungezählte Pivo, …
Vielen Dank für’s Mitreisen, Blog lesen, … Im Dezember startet die nächste Tour, vorraussichtlich wieder mit dem Brompton Faltrad, geplant ist: den «Schdrom» gegen den Fluss entlang von Belgrad Richtung nach Hause, rechtzeitig zum Weihnachts-Fischerl!
Alles Liebe
Mario

Ob «Jagnetina», ob «Perkelt» – Hauptsache Essen!


12. Tag: Freitag, 28. September

Strecke: Apatin – Sombor – Bezdan

Allein am Campingplatz irgendwo in den serbischen Donau-Auen, nichts rührt sich, einzig das Donau-Fluss-Gefieder reißt ab und an den Schnabel auf.
Eigentlich sind wir schon seit Mostar irgendwie auf der Rückreise, aber ab jetzt wird es ernst. Morgen machen wir rüber über die Grenze nach Ungarn. Die Donau bleibt uns erhalten, Serbien wird uns fehlen und darum: Ein letztes Frühstück in Apatin am «Schdrom». Apatin war bis 1944 die größte deutschsprachige Gemeinde in Jugoslawien. Später ein Erfrischungsgetränk in Sombor. Bis zum Ende des Ersten Weltkrieges dem Königreich Ungarn zugehörig, den ungarischen Einschlag schmeckt man bis heute. Auf der Landstraße Richtung Bezdan, die Hoffnung war schon längst begraben – «Jagnetina»!!! Ein einfaches Landgasthaus, ein windschiefes Blechgestell mit Dach vor dem Haus, über dem Feuer dreht sich ein Lamm am Spieß. Aus-Stopp-Retour – Umdrehen, zurückfahren, bestellen. Kurz gesagt: ein Gedicht! Trotzdem, der kulinarische Tag ist noch jung, wartet doch noch ein «Perkelt od Fileta Smuđa» (Fisch-Paprikasch mit Zander) in der Pikec Čarda, am letzten Zipfel Serbiens, wieder einmal direkt am «Schdrom». Vorher gibt es noch Schnaps und «Domaća Kafa» (Kaffee mit Sud im Häferl, darum kein Schluck zuviel!) in Bezdan, einen Umfaller von der ungarischen Grenze entfernt, um das Magerl auf das letzte Abendmahl vorzubereiten. Bevor die neuerliche kulinarische Orgie losgeht noch ein bisserl an der Donau sitzen und ein bisserl «blöd schaun» … Unser Haus steht direkt am Ufer, die Sonne ist am Untertauchen und das Paprikasch köchelt bereits – das Leben ist schön!

Am langen grauen Band, immer den «Schdrom» entlang und eine Zusammenfassung


Eine serbische Reise
Samstag, 30. September

Strecke: Bezdan (SRB) – Baja (HU) – Wien (A)

Eine Kurzstrecke geht es noch durch die serbische Pärie, dann wartet beim Grenzübertritt die ungarische Schande, der «Zaun», und kurz nach Baja führt ein einziges langes graues Band zurück nach Wien in den Schrebergarten.
Zusammenfassung:
Tage: 15
Gefahrene Kilometer: 2.845
Bereiste Länder: Ungarn, Kroatien, Serbien, Bosnien, Montenegro
Übernachtungen: 8 Nächte im Zelt, 7 Nächte in gemachten Betten
Gefangene Frisch-Fische: Null

Dank an:
Elisabeth Hundstorfer,
Treksport (www.treksport.com/)
und
euch allen die unserer Reise gefolgt sind!

Verzögerung der Zeit, ein letzter Abend und Laku noć Srbija


Eine serbische Reise
Freitag, 29. September

Strecke: Apatin – Sombor – Bezdan

Transportschiffe ziehen vorbei, ein vorletztes Frühstück an der Donau und ein Stadtbummel in Apatin, bis 1944 die größte deutsche Gemeinde in Jugoslawien. Die Schrittgeschwindigkeit ist hier um die Hälfte langsamer als bei uns zu Hause – verständlich – wer will schon für ein Durchschnittseinkommen von 300 Euro laufen müssen. In Sombor ist heute Markttag, frisch gemahlener Paprika für ein noch zu kochendes Fischpaprikasch wandert in unser Sackerl. Die letzten Kilometer führen zum Ausgangspunkt der Reise, in die Pikec Čarda nahe Bezdan. Die letzte Chance auf einen selbstgefangenen Fisch, ein weiterer Misserfolg. Wie ätzte der freche Bruder meiner Liebsten kürzlich: «Dann kauf dir einen!» Gesagt, getan – ein wunderbares «Perkelt od smuđ» (Zander) wird geordert, das letzte Jelen-Pivo, der letzter Graševina und zur Abrundung ein letzter Šljivovica. «Laku noć Srbija!»

Bela Crkva Baba, quer durch die Vojvodina und Sonnenuntergang in Apatin


Eine serbische Reise
Donnerstag, 28. September

Strecke: Bela Crkva – Vršac – Zernjanin – Vrbas – Apatin

Ein letztes ausuferndes Frühstück mit Alkesandar und Djurdjina samt Fotoshooting – Baba! – dann beginnt Teil eins der Rückreise quer durch die Vojvodina: Felder, Dörfer, tote Tiere platt am Asphalt. Nach einer zehrenden Halbtagestour erreichen wir noch rechtzeitig den Sonnenuntergang in Apatin an der Donau. Jetzt gibt’s fremdgefangenen Fisch.

Eine Ruine wird zur Burg, ein vergessenes Dorf und Schlafen am See


Eine serbische Reise
Dienstag, 26. September

Strecke: Golubac – Vinci – Veliko Gradište – Srebrno Jezero – Ram – Bela Crkva

In Golubac laufen die Uhren noch nach der alten Zeit. Eine langgezogene Promenade, die Donau breitet sich aus zum See, Straßenhunde flanieren und alles im verlangsamten Tempo. Unverständlich und gleichzeitig begrüßenswert, die Tourismus-Maschinerie hat sich hier noch nicht breit gemacht. Unser «Kummerl-Hotel» aus der jugoslawischen Ära ist stark abgewohnt und genau das macht es so liebenswert. Allein auf der Terrasse genießen wir unser Frühstück (доручак/doručak) mit Blick auf die weitläufige Donau und die Festung Golubac am Eingang des
Đerdap Nationalpark. Am anderen Ufer schimmert Rumänien.
Die ehemalige Festungsruine ist gerade «unter Konstruktion» und wird zur schicken Burg ausgebaut. Der ungesichterte Abenteuerspielplatz ist Geschichte. Auch die spektakulär engen und unbeleuchteten Durchfahrtstunnel sind gesperrt und durch einen neuen breiteren ersetzt worden. Mehr Sicherheit, weniger Nervenkitzel.
Vinci an der Donau ein vergessenes Dorf, wenig später am Srebrno Jezero («Silbersee») entsteht gerade ein touristischer Hotspot und auch in Ram wird die ramponierte Ruine besucher_innengerecht aufgewertet. Jetzt wartet die große Überfahrt über den «Schdrom», samt Vierrad. In der Seenlandschaft kurz vor Bela Crkva wird heute wieder das Zelt aufgebaut, von der Liege zwei Mal umfallen bis ins Wasser.

Schwabo in der Stadt, ein Reinfall und ein «Kummerl-Hotel» am «Schdrom»


Eine serbische Reise
Montag, 25. September

Strecke: Novi Pazar – Raška – Kraljevo – Kruševac – Krupajsko Vrelo – Kučevo – Golubac

«This is not Serbija, this is Sandžak», werde ich von einer Gruppe Jugendlicher unmissverständlich aufgeklärt. Ihr Platz in den Abendstunden ist die verwilderte Aussichtsplattform der Festungsruine Novi Pazar mitten im Zentrum. Sie vertreiben sich ihre Zeit mit Fight-Club-Phantasien und Bier trinken, sie bezeichnen sich selbst als Sandžak-Hooligans. Aber eigentlich alles nette Burschen, die sich freuen und wundern was einen Schwabo in ihre Stadt führt.
Heute geht es Richtung Norden, eine Autofahrt mit Alles: Zuerst mischen sich zwei neue Flüsse in die Reise – die Raška begleitet uns bis nach Raška, die Ibar bis Kraljevo. Weiter geht es über die Dörfer-Straße bis Kruševac, ein Stück Autoput und dann durch die ostserbische Pampa. Die vermeintliche Endstation – die Wasserfälle von «Krupajsko Vrelo» – ein Reinfall. Zwei Mal «Klick« und weiter geht die Reise. Im Übrigen ist es kein Nachteil die kyrillischen Schriftzeichen entziffern zu können um ans Wunschziel vor der Nase zu gelangen. Üben. Üben. Üben.
Neuer Bestimmungsort Golubac am «Schdrom», an der Donau. Die sich nicht zeigende Sonne ist am Untergehen bis Golubac erreicht ist. Das Hotel Golubacki Grad stammt noch aus den guten alten Tito-Zeiten und fühlt sich auch so an, der Jugo-Kommunismus lebt noch. Nach siebeneinhalb Autostunden hilft nur noch eine richtige fette serbische Grillplatte.

Von der Donau zur Drina, Felder-Hügel-Berge und eine verpasster Sonnenuntergang am Fluss


Eine serbische Reise
Samstag, 16. September

Strecke: Bezdan (SRB) – Sombor – Prigrevica – Futog – Sremski Mitrovica – Šabac – Vrhpolje

Mit der Sonne erwachen die Hähne und begrüßen lautstark den Tag. An der Donau ist noch alles ruhig, einzig eine Frau schuppt ihren frischen Fisch. Unser Frühstück wird von schreienden Möwen begleitet. Ein Feldermeer begleitet uns über Sombor nach Prigrevica. Meine inzwischen verstorbene Tante Rosi stammt aus dieser Ortschaft zwischen Sombor und Apatin. Ein kleines vergessenes Dorf inmitten von Landwirtschaft, mit einer kleinen zerrütteten Fußgängerzone und einer katholischen Kirche ohne Dach, aus der die Bäume wachsen. Für die Kinder am Spielplatz sind Besucher_innen aus dem gar nicht so fernen Wien eine willkommene Abwechslung. Sie machen Späße über uns. Zur Mittagszeit zeigt das Thermometer satte 34 Grad. Bei Futog, nahe Novi Sad, treffen wir noch einmal auf die Donau und setzen per Fähre über. Wunderbare Hügelwelten führen uns über die Fruska Gora, die serbische Weinebene nach Sremski Mitrovica. Über Berge und eine unwirkliche Steinschlagstrecke erreichen wir die Drina. Für eine in Kilometer gemessene, relativ kurze Strecke, verbrennen wir unangemessen Benzin und Zeit: 324 gefahrene Kilometer, fast ein ganzer Tag. Den Sonnenuntergang an der Drina verpassen wir ums – in Wien würde man sagen – Oaschlecken. Die Drina markiert hier die Grenze zwischen Serbien und Bosnien. Ein privater Bettgeber direkt am Fluss und eine serbische Grillplatte runden den Tag ab – Živeli!